„Ich habe ja schon oft gesacht, sach ma nix“ lautete eine der berühmten Einleitungen des Kabarettisten Hanns-Dieter Hüsch. Die Tragweite und Dialektik dieses Satzes kommt eigentlich erst im Wortkabarett zu ihrer vollen Blüte. Umso mehr, wenn ein Mann wie Hüsch mit seinen literarisch geprägten Programmen auf der Bühne stand. 1999, sechs Jahre vor seinem Tod, rief das selbsternannte „schwarze Schaf vom Niederrhein“ einen Preis für Künstler des politischen und gesellschaftskritischen Kabaretts ins Leben. Name des alle zwei Jahre verliehenen Preises: Das Schwarze Schaf.
Jetzt wird der Preis zum sechsten Mal verliehen. Von den zunächst 16 ausgewählten Kandidaten, die in der niederrheinischen Tiefebene zwischen Krefeld, Wesel, Emmerich und Hüschs Geburtsort Moers gegeneinander antraten, blieben sechs übrig. Sie ringen im April im Duisburger Theater am Marientor um die mit 12.000 Euro dotierten Auszeichnungen. In der Jury wird neben Harald Schmidt auch Lothar Bölck sitzen, der den Preis 2008 mit seinem Programm „Macht Los oder Aus und dabei“ über den Bundestagshinterbänkler Hugo W. Holz-Hausen errang.
Als Bölck mit dem „Schwarzen Schaf“ ausgezeichnet wurde, konnte er zwar auf erfolgreiche Jahre in den ostdeutschen Kabaretts Kugelblitze, Distel, Pfeffermühle oder Zwickmühle zurückblicken. Als Solist war er damals jedoch ein Newcomer. Ihm hat der Preis nicht nur Auftrittsmöglichkeiten, sondern vor allem auch Aufmerksamkeit verschafft. „Medien und Publikum lechzen nach jungen, unverbrauchten politischen Kabarettisten“, sagt der 57jährige. Um jedoch in die Medien zu kommen, müsse man sich zu einer wiedererkennbaren Marke entwickeln. Ob das nun die Basecap sei, Auftritte im Pullover oder wie bei ihm, das Hemd über der Hose. Dabei sei es gerade im Kabarett wichtig, so Bölck, sich immer wieder neu zu erfinden.
Von den Kandidaten, die sich um das „Schwarze Schaf“ 2010 bewerben, erwartet der frühere Preisträger „politische Tagesaktualität“ und eine Präsentation, die er als „stummen Dialog“ mit dem Publikum bezeichnet. Schauspielerisches Handwerk könne auch nicht schaden. Durchweg Qualitäten, die man nicht als geschlechtsspezifisch bezeichnen kann. Nichtsdestotrotz ist das Kabarett immer noch eine Männerdomäne.
Verblüfft stellt Bölck fest, dass unter den 16 Vorrundenkandidaten mit dem Duo „Knuth und Tucek“ gerade einmal eine weibliche Bewerberin ist. Frauen hätten es schwerer auf der Kabarettbühne, meint er, weil sie immer 120% geben müssen. Intelligent und witzig sein reiche nicht, sie müssten auch noch gut oder skurril aussehen. Daran hat auch der Erfolg der Comedy nichts geändert, die gerne in Gegensatz zum Kabarett gebracht wird – was Bölck so nicht akzeptieren will. „Gute Comedians blenden die Politik zwar aus, reden aber über allgemeingesellschaftliche Konflikte“. Für Lothar Bölck gibt es letztlich nur gute oder schlechte Unterhaltung.
Kabarettwettbewerb „Das schwarze Schaf“
Finale am 24.4., 19 Uhr
Theater am Marientor Duisburg I 0203 264 64
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Endspurt für Mammut-Projekt
Beethovenhalle kurz vor der Fertigstellung – Theater in NRW 11/24
Jünger und weiblicher
Neue Leitungsstruktur am Mülheimer Theater an der Ruhr – Theater in NRW 10/24
Überleben, um zu sterben
Bund will bei der Freien Szene kürzen – Theater in NRW 09/24
Bessere Bezahlung für freie Kunst
NRW führt Honoraruntergrenzen ein – Theater in NRW 08/24
Mit allen Wassern gewaschen
Franziska Werner wird neue Leiterin des Festivals Impulse – Theater in NRW 07/24
„Zero Waste“ am Theater
Das Theater Oberhausen nimmt teil am Projekt Greenstage – Theater in NRW 06/24
Demokratie schützen
Das Bündnis Die Vielen ruft zu neuen Aktionen auf – Theater in NRW 05/24
Theatrales Kleinod
Neues Intendanten-Duo am Schlosstheater Moers ab 2025 – Theater in NRW 04/24
Neue Arbeitszeitregelungen
Theater und Gewerkschaften verhandeln Tarifvertrag – Theater in NRW 03/24
„Der Tod ist immer theatral“
Theatermacher Rolf Dennemann ist gestorben – Theater in NRW 02/24
Standbein und Spielbein
Pinar Karabulut und Rafael Sanchez gehen nach Zürich – Theater in NRW 01/24
Das diffamierende Drittel
Einkommensunterschiede in der Kultur – Theater in NRW 12/23
Neues Publikum
Land NRW verstetigt das Förderprogramm Neue Wege – Theater in NRW 11/23
Analoge Zukunft?
Die Akademie für Theater und Digitalität in Dortmund eröffnet ihren Neubau – Theater in NRW 10/23
Tausch zwischen Wien und Köln
Kay Voges wird Intendant des Kölner Schauspiels – Theater in NRW 09/23
Folgerichtiger Schritt
Urban Arts am Theater Oberhausen – Theater in NRW 08/23
Neue Allianzen
Bühnen suchen ihr Publikum – Theater in NRW 07/23
Interims-Intendant für den Neuanfang
Rafael Sanchez leitet ab 2024 das Schauspiel Köln – Theater in NRW 06/23
And the winner is …
Auswahl der Mülheimer Theatertage – Theater in NRW 04/23
Knappheit und Kalkulation
Besucher:innenzahlen am Theater steigen – Theater in NRW 03/23
Gegen Ausbeutung und Machtmissbrauch
Klassenkämpferischer Wind weht durch die Theater – Theater in NRW 02/23
Mehr Solidarität wagen
Die Theater experimentieren mit Eintrittspreisen – Theater in NRW 01/23
Zeichenhafte Reduktion
NRW-Kunstpreis an Bühnenbildner Johannes Schütz verliehen – Theater in NRW 12/22
Bessere Konditionen
EU stärkt Solo-Selbstständige im Theater – Theater in NRW 11/22
Internationale Vernetzung
Olaf Kröck verlängert Vertrag bei den Ruhrfestspielen – Theater in NRW 10/22