Die Ruhrfestspiele zählen zu den traditionsreichsten und ältesten Festivals, nein, nicht in Deutschland, sondern in Europa. Mit Avignon oder den Wiener Festwochen kann man es locker aufnehmen. Doch es fehlt ihnen international deutlich an Sichtbarkeit und Bekanntheit. Daran arbeitet Olaf Kröck, seit er 2018 Intendant auf dem Grünen Hügel in Recklinghausen geworden ist. Er möchte, dass die Ruhrfestspiele „Teil des internationalen Produzierens“ werden und verstärkt in Kontakt mit anderen Festivals treten. Wie eben Avignon. Was damit gemeint ist, konnte man in diesem Jahr bei den durchaus umstrittenen Gastspielen von William Kentridge und Romeo Castellucci sehen. Um diesen Weg fortzusetzen hat Kröck seinen Vertrag als Festspiel-Intendant mit den beiden Gesellschaftern, der Stadt Recklinghausen und dem Deutschen Gewerkschaftsbund, um drei Jahre bis 2026 verlängert.
Dass die Ruhrfestspiele bei dieser programmatischen Neuausrichtung erst am Anfang stehen, habe auch mit der Corona-Pandemie zu tun, so Kröck. Es brauche schon eine gewisse Zeit, um solche Veränderungen zu etablieren. Die gerade einmal zwei analogen Festivalausgaben seit seinem Dienstantritt seien allenfalls ein Anfang gewesen. Dass der internationale Festivalaustausch nur ein Baustein der Programmpolitik sein kann, weiß Kröck selbstverständlich. Wie in den letzten Jahren soll es auch weiterhin Inszenierungen deutscher Stadttheater, Zirkus, Lesungen oder Kinder- und Jugendtheater geben. Kröck hat lange an den Stadttheatern in Essen und Bochum gearbeitet und kennt das Wissen, die Neugier, aber auch die Unmittelbarkeit des von ihm sehr geschätzten Ruhrgebiets-Publikum genau.
Zu einer Herausforderung dürfte deshalb weniger die inhaltliche Neuausrichtung als die praktische Umsetzung werden. Dass die Obermaschinerie des Festspielhauses 2024 saniert werden muss, sei dabei das Geringste. „Der Fachkräftemangel ist die größte Herausforderung für uns“, so Kröck. Der Markt für TechnikerInnen sei komplett leergefegt. Doch nicht nur das, es fehlten (Stichwort: Lieferketten) auch schlicht die Bau-Materialien. Immerhin: Durch die Spielzeit im Mai-Juni seien die Heizkosten kein großer Kostenfaktor. Zeitenwende auch hier: Holz, Stahl, Manpower – das sind die aktuellen Probleme eines Festivalmachers, nicht die Kunst.
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Keine Berührungsängste
Ivo van Hove leitet ab 2024 die Ruhrtriennale – Theater in NRW 06/22
Divers und vielschichtig
Julia Wissert wird Intendantin in Dortmund – Theater in NRW 06/19
Breit und hoch zugleich
Olaf Kröck wird neuer Leiter der Ruhrfestspiele – Theater in NRW 12/17
Der Mann der Rekorde
Frank Hoffmann verlässt 2018 die Ruhrfestspiele – Theater in NRW 04/17
Schutz vor Verdienstausfällen
NRW plant Absicherung für freie Künstler – Theater in NRW 01/25
Offen und ambitioniert
Andreas Karlaganis wird neuer Generalintendant in Düsseldorf – Theater in NRW 12/24
Endspurt für Mammut-Projekt
Beethovenhalle kurz vor der Fertigstellung – Theater in NRW 11/24
Jünger und weiblicher
Neue Leitungsstruktur am Mülheimer Theater an der Ruhr – Theater in NRW 10/24
Überleben, um zu sterben
Bund will bei der Freien Szene kürzen – Theater in NRW 09/24
Bessere Bezahlung für freie Kunst
NRW führt Honoraruntergrenzen ein – Theater in NRW 08/24
Mit allen Wassern gewaschen
Franziska Werner wird neue Leiterin des Festivals Impulse – Theater in NRW 07/24
„Zero Waste“ am Theater
Das Theater Oberhausen nimmt teil am Projekt Greenstage – Theater in NRW 06/24
Demokratie schützen
Das Bündnis Die Vielen ruft zu neuen Aktionen auf – Theater in NRW 05/24
Theatrales Kleinod
Neues Intendanten-Duo am Schlosstheater Moers ab 2025 – Theater in NRW 04/24
Neue Arbeitszeitregelungen
Theater und Gewerkschaften verhandeln Tarifvertrag – Theater in NRW 03/24
„Der Tod ist immer theatral“
Theatermacher Rolf Dennemann ist gestorben – Theater in NRW 02/24
Standbein und Spielbein
Pinar Karabulut und Rafael Sanchez gehen nach Zürich – Theater in NRW 01/24
Das diffamierende Drittel
Einkommensunterschiede in der Kultur – Theater in NRW 12/23
Neues Publikum
Land NRW verstetigt das Förderprogramm Neue Wege – Theater in NRW 11/23
Analoge Zukunft?
Die Akademie für Theater und Digitalität in Dortmund eröffnet ihren Neubau – Theater in NRW 10/23
Tausch zwischen Wien und Köln
Kay Voges wird Intendant des Kölner Schauspiels – Theater in NRW 09/23
Folgerichtiger Schritt
Urban Arts am Theater Oberhausen – Theater in NRW 08/23
Neue Allianzen
Bühnen suchen ihr Publikum – Theater in NRW 07/23
Interims-Intendant für den Neuanfang
Rafael Sanchez leitet ab 2024 das Schauspiel Köln – Theater in NRW 06/23
And the winner is …
Auswahl der Mülheimer Theatertage – Theater in NRW 04/23