Räume sind für Musik, die ohne elektronische Verstärkung funktionieren will, immens wichtig. In Köln gab die Hochstufung vom Gürzenich-Saal auf philharmonisches Niveau die Initialzündung für eine Neubewertung der Musikstadt – Köln ohne Philharmonie: undenkbar. Im Deutschen Museum in München bietet sich Gelegenheit, berühmte Säle in Kleinformat architektonisch zu vergleichen und auch an einem Hörbeispiel ein Ranking vorzunehmen – meist gewinnt der Goldene Saal im Musikverein zu Wien. In München wurde gerade der Neubau eines Konzertsaals abgeschmettert, der bereits in grauer Vorzeit unter anderem dem Chefdirigenten des Sinfonieorchesters des BR, Mariss Jansons, in die Hand versprochen wurde: Jansons setzte dafür eine kleine persönliche Einlage von 250.000 € aus. Hätte sich die Politik mal im Museum schlau gemacht: Der jetzt zum Umbau gewählt alte Saal im Gasteig und der Wiener Musikverein ähneln sich wie Wulff und Weizsäcker. So blühen München zwar tolle Theater, drei hochwertige Opernbühnen, aber nur ein Herkulessaal für die Musik – während der dreijärigen Umbauphase. Und die ist manchmal unabsehbar.
In Köln fehlt der berüchtigte Kammermusiksaal. Das stört allerdings das nunmehr traditionelle Kölner Fest für Alte Musik weniger. Räume müssen nämlich nicht nur gut klingen, sie dürfen im Falle historischer Aufführungspraxis gern auch selbst gediegene Atmosphäre spenden. Deshalb nutzten die Veranstaltungen dieses Festivals „passende“ Räume, u.a. zur Freude der Kölner Bürgerschaft die Flora am Zoo, dessen palastartiges Hauptgebäude mit einem Prunksaal nach dreijähriger Restaurierung zum 150. Jubiläum just eingeweiht wurde. Das Fest lässt hier im Ballsaal wirbelnde Derwische zu den Klängen des Ensembles Sarabande tanzen, es geht um die Musik zweier berühmter türkischer Komponisten des 17. Jahrhunderts.
In der Trinitatiskirche, dem „Protestantischen Dom“, heute eine Kultur- und Event-Kirche, inszenieren der Bachverein und Concerto Köln eine szenische Version von Bachs Johannes-Passion: Barock trifft auf Breakdance und Projektionen. Im Museum Schnütgen vereinen sich mittelalterliche Gesänge und Flötentöne mit zeitgleichen und älteren Exponaten christlicher Kunst. Lieder von den Barden Wolkenstein und Vogelweide erahnen die Spezialisten Norbert Rodenkirchen und Benjamin Bagby. Wieder in der Flora zaubert das B‘Rock Orchestra grenzenlosen Barock mit großer Leidenschaft, die aktuell viele Fans begeisterte. Lieder- und Klavierabende finden im kleinen, sehr anheimelnden Konzertsaal im Belgischen Haus statt, und auch der bisherige Spielort in den Balloni-Hallen wird bespielt: Unter den eindrucksvollen Lüstern werden Maria Jonas und ihr Ensemble Ala Aurea mittelalterliche Marienklagen auf lateinamerikanische Widerstandslieder prallen lassen. Literatur von Cardenal und Parras bilden die Brücke, rezitiert von der großen Schauspielerin Hanna Schygulla: Gracias a la vida!
Kölner Fest für Alte Musik | 1.3.-15.3. | 0221 98 74 73 79 | www.zamus.de
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