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Anna Malunat: „Halt dich am Zaun ...“
Foto: Oliver Paul

Rheinische Zukunftsmusik

26. Oktober 2011

Das Netzwerk west off fördert den Theateraustausch – Theater in NRW 11/11

Es gibt viele Visionen, wie Kulturinstitutionen der Rheinschiene kooperieren sollen. Die Leitmaxime lautet allerdings meist „Geld sparen“. Das im vergangenen Jahr gegründete Theaternetzwerk west off, das die drei Off-Bühnen Theater im Ballsaal in Bonn, Studiobühne in Köln und Forum Freies Theater (FFT) in Düsseldorf verbindet, bildet da eine willkommene Ausnahme. Drei Häuser, so Studiobühnen-Chef Dietmar Kobboldt, bei denen die Schnittmengen im ästhetischen Denken groß seien und die nach innovativen Kräften in ihren jeweiligen Städten suchten. Jede Bühne wählt eine, Köln aufgrund der Vielzahl der Gruppen zwei Produktionen aus, die auf Tournee in die Nachbarstädte gehen. „Es ist der Versuch, herausragende Produktionen über kommunale Grenzen hinaus einem anderen Publikum zugänglich zu machen“, benennt Kobboldt das Ziel von west off.

In Köln gastiert die FFT-Produktion „Halt dich am Zaun, der Himmel ist hoch“, ein Stück der Regisseurin und Autorin Anna Malunat. Sie ist mit Heimatvertriebenen ins Gebiet um Kaliningrad gereist, hat Interviews gemacht und O-Töne gesammelt und daraus mit ihrem Ensemble ein Stück entwickelt, das sich von Verklärung, Revanchismus und Erika-Steinbach-Debatten fernhält. Katharina Meves und Theo Plakoudakis malen mit Pinseln eine Landschaft auf den Bühnenboden und lassen ein Arsenal an Geschichten, Erinnerungen, Begegnungen, aber auch Märchen entstehen, die von Kornelius Heidebrecht musikalisch begleitet werden. Ein poetisch-zarter Versuch, sich dem verminten Thema zu nähern, ohne sich anzubiedern.

Dass solche Produktionen auf Reisen gehen, ist den Kulturämtern der drei Städte, dem Land und der RheinEnergieStiftung Kultur zu verdanken, die west off mit 90.000 Euro unterstützen. Das erlaube auch, den Künstlern angemessene Gagen zu zahlen, sagt Kobboldt. Noch konzentriert sich west off auf das Rheinland. Für die Zukunft kann sich der Leiter der Studiobühne vorstellen, dass auch Bühnen wie der Ringlokschuppen in Mülheim oder das Pumpenhaus in Münster einbezogen werden. Das ist allerdings Zukunftsmusik. In diesem Jahr geht neben Anna Malunats Produktion außerdem „Finnland“ vom Bonner fringe ensemble auf Reisen, aus Köln kommen „Andy Warhol just finished eating a hamburger“ des Rose Theegarten Ensembles und schließlich „Toller Fallada“ der Gruppe ct.201, ein kleines, sehr komisches Duo, bei dem zwei Beckett-Clowns auf der Bühne sitzen und sich Masken von Toller und Fallada vors Gesicht halten. „Bin ich eine Person?“, „Bin ich Bertolt Brecht?“ raten die Schauspieler Kevin Herbertz und Manuel Moser munter drauflos. Die Rolle als Quiz. Das Stück, das Tom Mrosek mit den Schauspielern entwickelt hat, widmet sich vordergründig den Schriftstellern Ernst Toller und Hans Fallada, doch letztlich dient deren Biographie als Vexierspiegel für das Leben zweier Figuren von heute und ihrem Streben nach Erfolg, ihrem politischen Engagement oder ihrem Lebenszusammenhang. Die beiden sind zwei Eckensteher des Theaters, die vom Durchbruch träumen – und ihn nicht schaffen.

FFT Düsseldorf: „Finnland”, 3./5.11. I „Toller Fallada“, 1./3.12. I „Andy Warhol ...” 6./8./9.12.

Studiobühne Köln: „Halt dich am Zaun…“, 27./28.10. I „Finnland”, 30.11./1.-3.12.

Theater im Ballsaal Bonn: „Halt dich am Zaun …“, 31.10./ 2.11. I „Andy Warhol ...”, 15./16.11. I „Toller Fallada“, 18./19.11.

Alle Vorstellungen beginnen jeweils um 20 Uhr I www.westoff.de

Hans-Christoph Zimmermann

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