Seit über zwei Monaten steht die Rot-Grüne Koalition im Landtag fest, das Kabinett sitzt seit dem 21.6. - nun kann man zur Tat schreiten. Dies impliziert im Kultursegment vor allem die Bewilligung und Zusage von Fördergeldern. An diesen hängt es häufig, ob die Ideen der freischaffenden Künstler und Theaterensembles realisiert werden können oder nicht.
Vergangenen Mittwoch, am 25.7., wurden nun die zehn freien Theater- und Tanzensembles bekannt gegeben, die sich im Rahmen der „Spitzenförderung“ des Landes NRW über eine jährliche Unterstützung von 65.000 Euro freuen können. Der Etat dafür musste kurzerhand durch eine Sonderregelung des Finanzministers erlassen werden, da der offizielle Haushalt noch im Landtag verabschiedet werden muss.
Zwei der Auserwählten, die Kompanie Ben J. Riepe und die Tanzcompagnie Mouvoir erhalten eine Verlängerung. Sie gehörten schon bei der ersten Vergabe 2009 dazu. Die Förderung dauert drei Jahre und soll „herausragenden Ensembles der freien Kulturszene im Land mehr Planungssicherheit geben“, so die NRW-Kulturministerin Ute Schäfer (SPD).
Planungssicherheit ist auch für Sven Lindholm, der mit seiner Kollegin Hannah Hofmann als eines der Theaterensembles ausgewählt wurde, ein wesentlicher Faktor. „Solch eine Förderung ist unglaublich wichtig, man kann sich auf eine gesicherte Zukunft einlassen und kann eine bestimmte Perspektive ausrichten. Man muss nicht mehr von Projekt zu Projekt schauen“, so das Mitglied des Kölner Duos, das mit seinen offenen und reflexiven Inszenierungsformen in der Vergangenheit die Kritiker überzeugte.
„Wie ein Businessplan“
Bewerben müssen sich die Ensembles und Choreografen mit konkreten Projekten, die neben einer inhaltlichen auch eine budgetäre Planung aufweisen. Für die Choreografin Gudrun Lange, die neben Raimund Hope und der Kompanie von Ben J. Riepe das Düsseldorfer Tanz-Trio unter den Ausgewählten stellt, sei „der Antrag ein drei-Jahres-Business-Plan.“ Das Geld, das verteilt werde, sei bereits in den Projekten fest untergebracht, so Lange. Sie selbst kann nun ein altes Ladenlokal in Düsseldorf als Arbeitsraum anmieten.
Gleichwohl muss man aber darauf achten, dass es in Zukunft nicht zu einer einseitigen Förderlandschaft bei den freien Kulturschaffenden kommt. Wenn zahlreiche städtische Kulturinstitutionen sich schon dem Sparzwang ausgesetzt sehen, dann sind die Fördergelder für die freie Szene, die als „freiwillige Haushaltsaufgaben“ geführt werden, erst Recht in Gefahr.
„Eine Form der Auszeichnung“
Für Sven Lindholm ist die Ernennung durch das NRW-Landesbüro Tanz in Köln und das Landesbüro für freie Kultur in Dortmund „eine Form der Auszeichnung“. Neben dem finanziellen Ruhepolster sei damit vor allem die Art des „spezifischen Theater-Denkens sowie der szenischen Arbeit fundiert worden“, die Hofmann und Lindholm seit Jahren engagiert betrieben
Zu den weiteren geförderten Ensembles und Künstlern gehören:
Kainkollektiv – Bochum
Renegade / Pottporus e.V. – Herne
Bodytalk – Köln
Tanzcompagnie Mouvoir – Köln
half past selbser schuld – Düsseldorf
Ben J. Riepe - Düsseldorf
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