Als die Macher von RUHR.2010 im Dezember Bilanz zogen, war ihr Resumee bis auf die Katastrophe bei der Loveparade in Duisburg positiv. Mehr als 10 Millionen Besucher, das Ruhrgebiet als Kulturraum, Kooperationen der Städte, Stärkung der Ruhrmetropolen-Identität waren die Stichworte. Doch was hat RUHR.2010 eigentlich einem Theater wie dem in Oberhausen und seinem Intendanten Peter Carp gebracht?
Oberhausen war an mehreren Theaterprojekten von RUHR.2010 beteiligt. So am „Odyssee“-Projekt der sechs Sprechtheater des Ruhrgebiets. Im Rahmen der Local Heroes-Woche, in der die Stadt eine Woche lang Zentrum von RUHR.2010 war, lud man Figurentheater-Ensembles aus den Partnerstädten ein. Hinzu kamen die Projekte TWINS oder pottfiction und eine Koproduktion mit dem Festival Theater der Welt. Vor allem das „Odyssee“-Projekt habe viel, auch internationale Aufmerksamkeit auf die Stadt gelenkt, sagt Peter Carp. So sei der Oberhausener Beitrag „Penelope“ von Enda Walsh besser besucht als Uraufführungen sonst. Dass das nicht nur mit RUHR.2010 zu tun hat, sondern auch mit der erfolgreichen Arbeit der letzten Jahre – das lässt sich Peter Carp aber dann doch nicht nehmen.
RUHR.2010 hatte die Thesen von der Metropole Ruhr mit einer gemeinsamen Identität gefeiert. Peter Carp sieht dieses Gemeinschaftsgefühl zwar eher nostalgisch geprägt, nimmt aber auch Veränderungen wahr: „Man hat das Beispiel erlebt, dass es auch anders geht“. Die anfängliche Skepsis gegenüber RUHR.2010 als gemeinsamer Unternehmung sei gewichen. Es komme nun darauf an, wie es weitergeht. So haben die Ruhrgebietsintendanten die Absicht, weitere gemeinsame Projekte wie die „Odyssee“ zu realisieren. Weitergehende institutionelle Kooperationen sind bereits vor 2010 angeleiert worden. So arbeitet Oberhausen mit dem Ringlokschuppen in Mülheim zusammen und wird Produktionen mit Essen austauschen. Für Peter Carp führte RUHR.2010 dazu, dass sich die Ruhr-Intendanten neu kennengelernt und intensiv Ideen ausgetauscht haben. „Wir müssten eigentlich einen Stammtisch haben“, sagt der Oberhausener Intendant und meint das überhaupt nicht ironisch.
Die große Befürchtung, dass nach dem Kulturhauptstadtjahr die Kulturetats einbrechen, teilt Peter Carp nicht. Das Oberhausener Theater erfreue sich großer Akzeptanz bei Bevölkerung und Politik – trotz der enormen Schulden der Stadt. Das Theater leistet dazu mit Einsparungen von jährlich 750.000 Euro, 2012 sogar 1 Mio. seinen Beitrag. Dass die Liebe von Politikern schnell wieder entzogen werden kann, weiß der Intendant. Letztlich fällt sein Fazit des Theaterprogramms von RUHR.2010 und seiner Auswirkungen für das Oberhausener Theater positiv aus. Doch für Peter Carp ist RUHR.2010 bereits Vergangenheit, derzeit bereitet er die Doppelpremiere von Dennis Kellys „Waisen“ und Tschechows „Drei Schwestern“ vor. Premiere ist im Januar. Vielleicht ist danach ja Zeit für den Stammtisch.
„Waisen“ von Dennis Kelly I14.(P)/22.1./4./27.2.
„Drei Schwestern“ von Anton Tschechow I 15.(P)/26.1./5./27.2., jeweils 19.30 Uhr I R: Peter Carp I Theater Oberhausen I 0208 857 81 84 I www.theater-oberhausen.de
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