Als ich einmal meinen Sohn mit nach London nahm, um ihn mit meiner Musical-Begeisterung zu infizieren und wir in acht großartige Musical-Produktionen sahen, entschied er sich – etwas überraschend für mich – für „Carmen Jones“ als sein Highlight. Überraschend deshalb, weil es die am wenigsten glamouröse Inszenierung und musikalisch ja eine Oper war. Die hatte Oscar Hammerstein II. 1943 mit neuen Texten versehen und in eine US-Fallschirmfabrik während des zweiten Weltkrieges verlegt. Aus der Zigeunerin Carmen wird die farbige Carmen Jones, aus Don José wird Joe und aus dem Torero Escamillo der Boxer Husky Miller. Robert Russell Bennett hatte Bizets Musik nur instrumental ein wenig bearbeitet, sie aber im Wesentlichen übernommen. Otto Premigers Verfilmung 1954 (mit Harry Bellafonte und Dorothy Dandridge) entzückte dann gleichermaßen Opern- wie Musical-Fans.
Nun gastiert zur Eröffnung des 31. Sommerfestivals eine weitere Neu-Interpretation des Stoffes als deutsche Erstaufführung in Köln: In dreijähriger Entwicklungszeit hat der international anerkannte Opern- und Musical-Regisseur Christopher Renshaw das erste kubanische Musical auf die Beine gestellt: „Carmen la Cubana“. Die Handlung spielt zwar wie das Opern-Original in einer Rauchwaren-Fabrik, die Zeit ist aber die des Vorabends der Revolution in Kuba. Und was die Dynamik angeht, haben sich Renshaw und sein Arrangeur mehr von „Carmen Jones“ inspirieren lassen. Die jazzigen Untertöne sind dabei den karibischen Rhythmen einer 14-köpfigen Latin-Big-Band gewichen, zu denen in stimmungsvollen Dekors die Tänzer und Sänger eine atemberaubende Show abliefern (17.-29.7.).
In eine ähnliche „Rhythmus-Kerbe“ schlägt das argentinische Ensemble „Che Malambo“, das die Revolution ja schon im Namen trägt: Es greift die Tradition der südamerikanischen Steppen-Gauchos des 17. Jahrhunderts auf, die sich damals nicht mit Waffen, sondern mit Tänzen „duellierten“. Der französische Choreograf und ehemalige Solisten des Béjart-Balletts, Gilles Brinas, hat deren Kunst in die Moderne transportiert und lässt sie nun von den zwölf besten Malambo-Tänzer Südamerikas erstmals in Deutschland (31.7.-5.8.) präsentieren: eine atemberaubende Melange aus der Leidenschaft des Tango, der Energie des Flamenco und der Schnelligkeit des irischen Stepptanzes.
„The 27 Club“ knüpft an die im Musical so beliebt gewordenen Hommage-Shows à la „We Will Rock You“ und „Mamma Mia“ an und feiert jene Musik-Legenden, die eins gemeinsam haben – sie alle starben unter tragischen Umständen schon mit 27 Jahren: von Jimi Hendrix über Jim Morrison, Janis Joplin, Kurt Cobain bis hin zu Amy Winehouse. Eine Live-Band aus 13 britischen Musikern verneigt sich nun vom 7.-12.8. in der Philharmonie vor ihren Idolen und führt uns mit über 30 Hits auf eine Zeitreise durch die Musikgeschichte. Zum Abschluß gastieren dann zum sechs Mal „Yamato – The Drummers of Japan“ beim Sommerfestival (14.-19.8.): kein Musical – aber genauso energiegeladen wie eine Broadway-Show.
Info: www.koelner-philharmonie.de
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