Schlecht geht es den Kommunen in NRW, ob Wuppertal, Hagen, Oberhausen, Essen, Gelsenkirchen oder Bonn. Schon lange. Seit der Finanzkrise geht es ihnen noch schlechter – und ihren Theatern damit auch. Im Mai 2010 warben die Kulturdezernenten von Dortmund, Essen, Bochum, Oberhausen und Gelsenkirchen deshalb in einem offenen Brief für einen „Theaterpakt NRW“ zur Rettung der Theater- und Orchesterlandschaft. Adressat: Die Landesregierung, die sich stärker an der Finan- zierung beteiligen soll. Wo man selbst sparen will, beziffert ein Gutachten zu den „Kooperationsmöglichkeiten im nichtkünstlerischen Bereich zwischen den Stadttheatern in Bochum, Dortmund, Essen, Gelsenkirchen, Hagen und Oberhausen“, das im Mai vorgestellt wurde.
Statt bei der Kunst also bei Holz und Eisen sparen. Dortmunds Stadtdirektor Jörg Stüdemann begründet das damit, dass das Thema Theaterehen, also das Zusammenlegen von Häusern, ausgereizt und der Bürgerschaft nicht zu vermitteln sei. Nicht zuletzt stünden dem die unterschiedlichen Rechtsformen der Theater entgegen. Bleibt also der Bereich Verwaltung, Technik, Vertrieb und Dienstleistung. Als Felder nennt Stüdemann Marketing, ein Callcenter für Kartenverkäufe und Wareneinkauf: „Wir werden bis Ende Juli unter der Federführung jeweils eines Institutes die Fragestellungen durchdeklinieren und dann die Ergebnisse vor dem Sommer zusammentragen“. Da kommt die Studie allerdings zu einem ernüchternden Fazit: „Die zu erwartenden Synergieeffekte können nur kleinere Beiträge zur Erfüllung der Sparauf-lagen der Träger leisten.“
Ausgeschlossen aus der Analyse wurde der Bereich Werkstätten, doch gerade da sieht die Studie Möglichkeiten: „Deutlich größeres Potential dürfte in den angrenzenden Bereichen Werkstätten und Investitionen liegen.“ Aufgrund der großen Distanzen des Ruhrgebiets sieht Stüdemann Chancen nur für „sektorale Modelle“ und lässt deshalb eine Zusammenlegung der Lager und des Fuhrparks von Dortmund und Bochum prüfen. Insgesamt schätzt der Kulturdezernent die Einsparmöglichkeiten für das Dortmunder Theater auf 300.000 Euro. Das macht bei einem Etat von 31 Mio. Euro zwar nur knapp ein Prozent aus, doch bei Sparvorgaben von 1,7 Mio. Euro für das Theater klingt das nicht schlecht.
Die größten Sparpotentiale sieht die Studie allerdings im theaterpolitischen Bereich – und da wird es heikel: Vorgeschlagen werden eine Tarifgemeinschaft und das „Kappen der Steigerungsautomatik“. Außerdem eine Initiative für eine ermäßigte Umsatzsteuer von sieben Prozent für die Theater samt Vorsteuerabzugsmöglichkeit. Etwas, dass schon bei der Berliner Opernstiftung gescheitert ist. Da kann man das Gezeter der Gewerkschaften und Steuerpolitiker jetzt schon hören. Mit den Erkenntnissen einer Studie ist es da nicht mehr getan, das geht nur mit belastbaren politischen Mehrheiten.
Das gesamte Gutachten zu den Kooperationsmöglichkeiten der Ruhrgebietstheater finden Sie unter: www.nrw-kultur.de/gutachten
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