Dieser Bär ist bereits ein alter Hase: Schon seit 26 Jahren werden in Ergänzung zu den Bären des offiziellen Berlinale-Wettbewerbs auch Teddy Awards verliehen, die an die besten Filme des Festivals gehen, die sich mit schwul-lesbisch-transidentischen Inhalten befassen, die also ein wenig queer sind. Längst schon beschränken sich diese dabei nicht mehr nur auf die „Panorama“-Sektion, die früher schwulen und lesbischen Themen als einzige ein Forum bot, sondern fanden sich in sämtlichen Berlinale-Sparten, angefangen vom Wettbewerb (Diane Krugers lesbische Affären in „Les Adieux à la Reine“) über die Kinder- und Jugendsektion „Generation“ (wo beispielsweise in „The Wilding“ eine schwule Jugendliebe im Knast thematisiert wurde) bis hin zum „Forum“, in dem Wynn Chamberlains historischer Beitrag „Brand X“ über den Warhol-Superstar Taylor Mead und die Schwulen-Ikone Tally Brown gezeigt wurde.
Am Abend des 17. Februar wurden dann in der Abflughalle des ehemaligen Berliner Flughafens Tempelhof die Teddy Awards vergeben, über die eine neunköpfige internationale Jury entschieden hatte. Filme mit politischen Inhalten zählten dabei zu den Gewinnern der Veranstaltung. „Call Me Kuchu“, der als bester Dokumentar- bzw. Essayfilm ausgezeichnet wurde, widmet sich der anti-homosexuellen Hetzkampagne im afrikanischen Staat Uganda, die mit dem Protagonisten des Films, David Kato Kisule, auch ein prominentes Opfer zu betrauern hat. Um ein Hassverbrechen geht es auch in dem mit einem Teddy ausgezeichneten Kurzfilm „Loxoro“ von Claudia Llosa, der im peruanischen Transsexuellenmilieu spielt. Hier macht sich eine Mutter auf die Suche nach ihrem transsexuellen Sohn, von dem es seit Tagen kein Lebenszeichen mehr gibt. Den Jury-Preis nahm in diesem Jahr Vincent Dieutre für seine Dokumentation „Jaurès“ entgegen. Die LeserInnen-Jury des queeren Berliner Stadtmagazins „Siegessäule“ vergab am Abend ebenfalls einen Preis, die ELSE, die dem Film „Parada“ von Srđan Dragojević zugesprochen wurde. Darin geht es um die Hürden, die es bei einem serbischen CSD zu meistern gilt, für den sogar ehemalige Kriegsveteranen und Söldner als Aufpasser engagiert werden müssen – zwei Welten prallen hier aufeinander.
Der Hauptpreis des Abends, der Teddy für den besten Spielfilm, ging an Ira Sachs’ sehr persönliches Liebesdrama „Keep the Lights On“. Mit dem Dänen Thure Lindhardt („Was nützt die Liebe in Gedanken“) und dem US-Amerikaner Zachary Booth („Damages – Im Netz der Macht“) rekonstruiert der Filmemacher darin eindringlich das Auf und Ab einer seiner ehemaligen Beziehungen. Auch zwei Ehren-Teddys wurden 2012 wieder vergeben. Sie gingen in diesem Jahr an den ehemaligen Andy-Warhol-Superstar Mario Montez, einer exzentrischen Drag Queen, die mit dem Kurzfilm „A Lazy Afternoon With Mario Montez“ von John Heys auch im diesjährigen Wettbewerbsprogramm vertreten war, und an die deutsche Regisseurin Ulrike Ottinger. Deren Filme „Die Betörung der blauen Matrosen“, „Johanna D’Arc of Mongolia“ und „Freak Orlando“ galten jahrelang als Geheimtipps unter Cineasten, bis sie mit ihren jüngsten Werken „Prater“ und „Unter Schnee“ auch ein breiteres Arthouse-Publikum erobern konnte.
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