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Kulturelle Eiszeit in Moers
Foto: Christian Nielinger

„Wir müssen retten, was zu retten ist“

26. Juli 2012

Der Stärkungspakt Stadtfinanzen nagt an der kulturellen Substanz der Stadt Moers – Theater in NRW 08/12

Eigentlich ist der Stärkungspakt Stadtfinanzen, den die rot-grüne Landesregierung im Dezember 2011 verabschiedet hat, eine gute Sache: Er soll überschuldete Kommunen oder solche, die kurz davor stehen, vor dem finanziellen Kollaps bewahren. 350 Mio. Euro stehen dafür jährlich zur Verfügung, 34 Städte kamen 2011 bereits in den Genuss des Geldsegens, im Mai 2012 kamen 27 weitere hinzu. Die Stadt Moers hat im zweiten Anlauf die Aufnahme in den Pakt geschafft, muss jetzt aber einen Fahrplan vorlegen, wie sie bis 2021 insgesamt 61,5 Mio. Euro einsparen will. Die Finanzspritze gibt es nämlich nicht umsonst. Alle Kommunen, die am Stärkungspakt teilnehmen, müssen sich auf konkrete Maßnahmen mit dem Ziel ausgeglichener Haushalte verpflichten.

In Moers kursiert dazu ein Arbeitspapier der Verwaltung, das alle (!) freiwilligen Leistungen zur Disposition stellt: die Sportförderung genauso wie die Offene Ganztagsschule und Kultureinrichtungen vom Jazzfest bis zum Schlosstheater, wo 2015 der Vertrag von Intendant Ulrich Greb ausläuft. Würde der Vertrag nicht verlängert, sparte die Stadt immerhin jährlich 1,258 Millionen Euro. Der Löwenanteil der frei­willigen Leistungen fällt ins Ressort von Hans Gerhard Rötters. Der Dezernent für Schule, Sport und Kultur besteht allerdings darauf, dass es sich bei dem Papier um eine Arbeitsgrundlage und keine Sparliste handelt. Wie fühlt man sich, wenn alle freiwilligen Leistungen des eigenen Ressorts zur Diskussion stehen? „Kämpferisch!“, sagt Rötters entschlossen und fügt hinzu: „Wir müssen retten, was zu retten ist.“ Wer allerdings sein kulturelles und sonstiges Tafelsilber ohne politischen Gestaltungswillen infrage stellt, riskiert den Ausverkauf. Offenbar gibt es darüber in der Stadtspitze einen Dissens. „Die Verwaltung hat vorgeschlagen, einen Sanierungsplan zu erarbeiten, das wollte die Politik nicht“, sagt Rötters unmissverständlich. Dass die ganze Sparliste im Internet für ein Bürgervotum steht, das ins endgültige Sparkonzept einfließen soll, macht die Sache nicht einfacher.

„Kultur ist die Seele der Stadt“ heißt es auf der Homepage der Kulturbetriebe Moers. Steht jetzt also diese Seele auf dem Spiel? Für Chefdramaturg Justus Wenke vom Schlosstheater stellt sich die Frage grundsätzlich: „Die Stadt stellt das infrage, was sie überhaupt erst lebenswert macht.“ Festivals, Theater, Museen machen erst die Attraktivität der Kommune aus. Wo gespart werden soll, weiß auch Justus Wenke nicht zu sagen. Den Gürtel enger schnallen könne man jedenfalls nicht mehr: „Das Schlosstheater ist finanziell an der Grenze dessen, was einzusparen ist.“ Das Haus verfügt über gerade einmal fünf fest angestellte Schauspieler. Die Frage bleibt also, inwieweit der Stärkungspakt Stadtfinanzen die kulturelle Substanz der Städte antastet. Das Schlosstheater und der deutsche Bühnenverein laden deshalb zu einer Diskussion unter dem Titel „Stärkungspakt trifft Stadtkultur“ am 31. August, an der unter anderem Regierungspräsidentin Anne Lütkes und Rolf Bolwin vom Deutschen Bühnenverein teilnehmen.

„Stärkungspakt trifft Stadtkultur – Wirkungen und Nebenwirkungen eines Rettungsversuchs“, Podiumsdiskussion I 31.8. 19 Uhr I Theaterhalle Moers

HANS-CHRISTOPH ZIMMERMANN

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