Dem Musiker wachsen nicht nur als Interpret zeitgenössischer Musik ganz neue Aufgaben zu: Szenische Einsätze gehören zum Alltag, der Instrumentalist mutiert auch mal zum Choristen – auch als Sprecher fungieren die Künstler, hantieren dabei mit Pfeifen und Klappern, und sie wechseln ihre Position.
Manche Komponisten lieben diese Typen, Allrounder in der Musik – so auch Ondrej Adámek. Er selbst zählt zu diesen flexiblen Künstlern. Als Kosmopolit ohne heimischen Ballast mischt er verschiedene Kulturen, komponiert und dirigiert, singt selbst und steht seinen Mann in der ersten Reihe zum Dialog mit Musikbegeisterten oder denen, die es noch werden wollen. Was er sich selbst zumutet, das mutet er auch anderen zu: Bei ihm wird der Aufgabenkatalog für Musiker häufig erweitert. Die Orchesterspieler werden zum aktiven Teil einer Geschichte, die der gebürtige Tscheche und Wahlberliner diesmal dem Dortmunder Publikum im Konzerthaus erzählen möchte. Berührungsängste sind dem Musikanten unbekannt, und sein geradezu natürlicher Umgang mit den Bausteinen eines Konzertes oder sogar einer Oper sorgt für eine bekömmliche Verständlichkeit, die Experten begeistert und Laien erfreut.
„Ich habe oft Ideen oder entwickle Klänge, die auch Nicht-Musiker oder nicht spezialisierte Musiker umsetzen können“, so der Komponist, „Spezielle Instrumententechniken etwa, die auch Sänger schnell lernen können und die trotzdem gut klingen.“ Adámek baut sogar eigene Instrumente, die völlig abgefahren aussehen und spektakuläre Geräusche erzeugen. Sein Markenzeichen wurde die Air-Machine, eine Apparatur aus Handschuhen, Partytröten, Hupen und anderen Alltagsgegenständen, die auch beim Festival zum Einsatz kommen soll – wenn pandemische Gründe und der gute Geschmack die „atmende Installation“ nicht zu einer Ruhepause verpflichten.
Im letzten Jahr führten das prominente Ehepaar Rattle und Kožená mit dem London Symphony Orchestra ein neues Vokalwerk auf, jetzt folgt seine semi-konzertant präsentierte Oper „Seven Stones“ als deutsche Erstaufführung und zweite Aufführung überhaupt. Workshops, Uraufführungen und wunderbare Gäste wie der Cellist Jean-Guihen Queyras, die Geigerin Isabelle Faust und die Malerin Charlotte Guibé sorgen für Farben in Klang und Bild.
Zeitinsel Adámek | 23. - 30.1.22 | Konzerthaus Dortmund | 0231 22 69 62 00
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