32 Jahre lang prägten Hermann Max und seine Ensembles das Festival Alte Musik Knechtsteden. Mehr als 300 Klosterkonzerte später übernimmt nun Michael Rathmann, bisher betraut mit der Geschäftsführung des Festivals, die Programmierung dieses Originalklangspektakels, mit der Konstante der atmosphärisch einladenden romanischen Architektur und flankiert mit einer Neuerung: Jahres-Residenzen begleiten und unterstützen den Planer, in diesem Jahr die Blockflöten-Virtuosin Dorothee Oberlinger. Sie ist nach einer langen, kontinuierlichen Karriere heute Ensembleleiterin, Dirigentin, mehrfache Festivalintendantin und Hochschulprofessorin, daneben Ehrenbürgerin und Trägerin von Musikpreisen und Verdienstkreuz – mehr geht kaum. Sie ist also die richtige Stütze für die als „ZwischenWelten“ ausgerufene neue Spielzeit des Festivals, in dem sie mehrfach in Erscheinung tritt.
In ihrem innigen Verhältnis zur Holzflötenfamilie hat sie Tonvarianten entwickelt, die Literatur aus allen Jahrhunderten individuell kolorieren können. Von gespuckten Staccati bis zu den kurz aufgetupften Basstönen einer imitierten obligaten Saite und einer bei denBlockflöten unüblich großen dynamischen Bandbreite bietet Oberlinger alles, was dieses Instrument kann. Und es wird ja landläufig als Musikeinsteiger-Instrument weitestgehend unterschätzt.
Dabei verriet schon 1529 Martin Agricola das Geheimrezept, dem simplen Pfeifton der Blockflöte ein künstlerisches Ansehen zu verschaffen: „Auch wiltu haben den grund und bodem So lerne pfeiffen mit zitterndem odem“. Im Vibrato konnte allerdings noch schöner die Querflöte schwingen, die der Blockflöte bis ins 20. Jahrhundert den Garaus bereitete. Auch Dorothee Oberlinger verhalf dem kleinen Instrument in der Neuzeit zu großem Ansehen. Mit dem Bratschisten Nils Mönkemeyer inszeniert sie einen „Dance for Two“. Zuvor leitet sie ein Händel-Oratorium mit internationaler Spitzenbesetzung.
Nach einem Ausflug in die Gregorianik steht als Abschluss das monumentale Oratorium „Golgotha“ des vor 50 Jahren verstorbenen Komponisten Frank Martin auf der Agenda. Der Schweizer Tonsetzer schlägt hier den Bogen über die Musikgeschichte von Palestrina bis Schönberg, zitiert Bach, benötigt zwei Chöre, fünf Solisten und großes Orchester – und findet ein Finale in einem hymnischen Dur.
33. Festival Alte Musik Knechtsteden | 21. - 28.9. | div. Orte in Dormagen + Köln | 02133 21 09 92
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