Jeder, der schon mal danach gesucht hat, weiß: Kneipen, die sich dem kulturellen Treiben zwischen Underground, Postpunk und Avantgarde verschrieben haben, sind im Ruhrgebiet rar gesät. In den meisten größeren Städten der Region ist es jeweils eine, in der sich dann auch die ganze städtische Szene verlässlich und regelmäßig wieder trifft. Gemütlich, aber auch ein wenig eindimensional.
In der Herner Straße in der Bochumer Innenstadt hatte sich in den letzten Jahren die Goldkante rasch einen Namen als Treffpunkt der Szene gemacht, und das trotz nicht unerheblicher Widrigkeiten: Die Bar war klein, und die Nutzungsmöglichkeiten waren aufgrund des mangelnden Schallschutzes begrenzt. Trotzdem hielt sich die Kneipe nicht nur, sie sorgte auch für einige kulturelle Highlights der Stadt in Form von Lesungen, Kino-Abenden und kleinen Akustikkonzerten. Grund dafür war auch die unorthodoxe Organisationsstruktur des Ladens: Er gehörte, so postulierte die Goldkante stolz, ganz den Gästen. Tatsächlich konnte man selbst Teilhaber und mehr oder weniger aktiv mitbestimmendes Mitglied der Goldkante werden, denn Betreiber war ein gleichnamiger Verein, geführt von einem fünfköpfigen Vorstand. So ungewöhnlich dieses Organisationsmodell gerade für eine Kneipe war, so gut funktionierte es auch.
Trotz des ansehnlichen Erfolges der Goldkante weiß jeder freie Kulturschaffende aus leidvoller Erfahrung, dass eine solche Initiative stets auf wackeligen Beinen steht. So verwunderte es auch nur mäßig, dass die Goldkante Ende 2009 ihre Schließung für Ende Januar 2010 ankündigte. Finanzielle Gründe spielten dabei aber ausnahmsweise keine Rolle. „Im Prinzip wollten wir einfach ein größeres Ladenlokal. Es stand nicht zur Debatte, ganz aufzuhören“, so Tom Thelen, eines der Vorstandsmitglieder. Kleinere strukturelle Widrigkeiten kamen hinzu, es wäre etwa unverhältnismäßig teuer gewesen, den Schallschutz in der Herner Straße auszubauen. Ein neuer Ort ist nun gefunden: Die Goldkante wird im Spätsommer in der Alten Hattinger Straße 22 in ihrem Wunschquartier Ehrenfeld wiedereröffnet. Die Umbauarbeiten laufen schon seit geraumer Zeit, viele helfende Hände sorgen dafür, dass die Kosten überschaubar bleiben, weitere Helfer sind jederzeit willkommen. Ein Tag der offenen Tür vermittelte den Vereinsmitgliedern schon einen ersten Eindruck von dem neuen Lokal, in dem dank zweier Räume und besserer Isolierung auch etwas mehr Musik möglich sein könnte. Eine strukturelle Förderung, die aus vielerlei Hinsicht wünschenswert wäre und das kreative Potenzial der Verantwortlichen auf stabilere Beine stellen könnte, ist hingegen nicht in Sicht. „Das verhindert allein schon der Haushaltsstopp der Stadt Bochum“, sagt Thelen. Er besitzt indes aber auch die Hoffnung, am neuen Standort auch ohne Förderung auskommen zu können. Trotzdem: Die Goldkante wäre ein Fall, in dem Fördergelder dank einer lebendigen Struktur und viel Eigeninitiative nicht nur gut, sondern auch mit Gewinn für die regionale Kultur angelegt wären.
http://goldkante.org
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