23 Millionen Menschen sahen bisher die Aufführungen des Alvin Ailey American Dance Theatre. Fünf Mal gastierte die legendäre Tanztruppe schon in Köln, jetzt kommt sie wieder bis zum 14. August in die Philharmonie und zeigt neben ihrem Klassiker „Revelations“ – mit dem ihr Gründer und Namensgeber 1960 Tanzgeschichte schrieb – auch aktuelle Produktionen ihres neuen Chef-Choreographen Robert Battle. „Alvin Ailey ist nicht nur eine Kompanie, sondern eine Bewegung“, erklärt Battle im Gespräch. Ihm ist es wichtig, die Truppe, die als „Kulturbotschafter der USA“ um die Welt tourt, nicht zu einem Museum verkommen zu lassen. „Wir bieten Modern Dance“, erklärt er, „eine Stilrichtung des Tanzes, in die schon immer Einflüsse vieler Kulturen eingegangen sind, vom Butoh bis zu den Rhythmen Afrikas. Darin kommt auch der Respekt zum Ausdruck, den man vor fremden Kulturen hat. Wenn die Theorie vom Schmelztiegel der Kulturen auch für viele Erwartungen steht, die enttäuscht wurden, im Tanz hat es diese Schmelze tatsächlich gegeben.“
So tanzt die Truppe ihren 50 Jahre alten Klassiker „Revelations“, der mit Gospel und Spirituals bestückt ist und vom Aufstand des Schwarzen Amerika erzählt, immer einen Tick anders, wie Battle erklärt. „Wir befinden uns da ganz in der Tradition von Alvin Ailey, der stets ein Auge für seine Tänzer hatte. Die Körper der Tänzer prägen die Inszenierung, daher verändert sich auch immer der Ausdruck der Choreographie“, erklärt Battle. „Bewegung lügt nicht“, zitiert er sein Vorbild Martha Graham und thematisiert damit nicht nur die Authentizität der Arbeit seiner Kompanie, sondern zugleich den politischen Ansatz, mit dem Ailey – der als Kind einer alleinerziehenden Mutter, die sich aus dem Süden der USA nach Los Angeles geflüchtet hatte – die Klassenkämpfe der fünfziger Jahre in das Zentrum seiner Arbeit gerückt hatte. „Man denkt immer, es gibt bessere Zeiten um eine Tanzkompanie zu gründen. Und das hat man erst recht 1962 gedacht, als die Bürgerrechtsbewegung in den USA Staub aufwirbelte. Aber die Kunst hat dann eben doch die Gesellschaft verändert, die freier geworden ist“, meint Battle.
Gerne wird von der universellen Sprache des Tanzes gesprochen und Robert Battle weiß, dass sich dahinter nur allzu oft Werbungslogans verbergen, die einem schnell über die Lippen kommen. „Wir arbeiten nicht für uns alleine, wie in einer Schachtel, sondern für das Publikum“, sagt er, „während der Probe denken wir bei jeder Bewegung an das Publikum. Das gibt uns den Extra-Kick. Ich koche übrigens auch besser für meine Gäste, als für mich selbst“. Das, woran er bei der Arbeit appelliert, ist das Verständnis für Bewegung, mit dem alle Menschen kommunizieren. „Ob jemand aus einem Reigen ausgestoßen wird, oder in der Gemeinschaft Aufnahme findet. Das versteht jeder“, sagt Battle und bemerkt zum Abschied, dass „die Bewegung, mit der uns jemand die Hand schüttelt, unzählige Informationen über den anderen verrät“. Für Battle ist Tanz eben ein Spiel der Bewegung, das nicht nur auf der Bühne stattfindet.
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