Diese Buchhandlung ist eine Institution im Kulturleben Kölns. „Das ist ein Satz, den höre ich jeden Tag“, sagt Hildegund Laaff vergnügt. Tatsächlich besitzt das von ihr und Carsten Saenger vor 25 Jahren übernommene Unternehmen sowohl Vergangenheit als auch Zukunft. Die Lengfeld‘sche Buchhandlung existiert unglaubliche 175 Jahre in der Domstadt. Manches Mal musste die Adresse gewechselt werden, aber selbst die Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs bedeuteten nicht das Ende. Heute befindet sich die Lengfeld‘sche gleich hinter der Minoritenkirche. Eine große Schar von Stammkunden weiß das Ambiente mit Teppichen, Sessel und Stehlampe zu schätzen, aber es ist auch die Laufkundschaft, darunter viele Touristen, die zwischen Kolumba und dem Museum für Angewandte Kunst Köln pendeln und sich von diesem faszinierenden Ort angezogen fühlen. Dazu gibt es die nötigen Voraussetzungen: „Wir besitzen zum Beispiel eine außergewöhnlich große Fensterfläche“, erklärt Hildegund Laaff, und die weiß sie zu nutzen. Gezielt präsentiert man Lyrik oder Material zu Leben und Werk von Autoren wie Pablo Neruda oder Ingeborg Bachmann, daneben findet sich ein Füllhorn an Titeln aus der Fischer Bücherei oder dem Manesse Verlag. Der Jury des Buchhandelspreises ist das nicht entgangen, so dass die Lengfeld‘sche in den letzten drei Jahren jeweils die Auszeichnung „Beste Buchhandlung“ erhielt.
Die Leserschaft setzt sich aus allen Generationen zusammen. Trotz der eher gediegenen Atmosphäre fühlen sich viele jüngere Leser in der Lengfeld‘schen wohl, weil hier jemand auf sie einzugehen versteht. „Ich rate den jungen Leuten, sich nicht unbedingt über die wichtigsten Werke einem Autor zu nähern, sondern über die zugänglichsten. Viele beginnen Joyce mit dem ‚Ulysses‘. Der Klang seiner Prosa und ihr Milieu erschließen sich aber viel besser mit den ‚Dubliners‘. So ist es auch bei Heinrich Böll. Statt nach dem ‚Gruppenbild mit Dame‘ zu greifen, sollte man seinen Humor und die Sinnlichkeit seiner Prosa zunächst über seine Erzählungen kennenlernen“, rät die erfahrene Buchhändlerin. Tatsächlich ist es in der Lengfeld‘schen auch möglich, sich in die Tiefe eines Werks einzulesen. In den Regalen lagert allerhand Kapital, dass sich die großen Buchhandelsketten so nicht leisten mögen. Die Werkausgabe von Vladimir Nabokov etwa steht gleich griffbereit im Regal und die Biografien zu den Autoren fehlen auch nicht.
„Es genügt nicht, die Bücher zu bestellen, man will sie anfassen, bevor man sie kauft“, weiß Hildegund Laaff, deshalb müssen Titel vorrätig sein. Beratung ist ein selbstverständlicher Teil ihrer Arbeit, auf die sie sich die 81-Jährige jeden Morgen wieder freut, wie sie lachend gesteht. Ein wichtiger Trumpf gegenüber dem durchwachsenen Service der Großbuchhandlungen. So berichtet eine junge Kundin, wie sie in einem der Buchhandels-Kaufhäuser nach einem Buch von Marcel Proust gefragt hatte, dass die Angestellte dort im Computer keinen Titel habe finden können, da sie unter „Broust“ suchte.
Das könnte in der Lengfeld‘schen schon deshalb nicht passieren, weil Hildegund Laaf Mitglied der Proust-Gesellschaft ist und die Bücher des Franzosen eine ganze Wand füllen. Hier fand denn auch die erste komplette Lesung von Prousts grandiosem Roman „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ statt. Sechseinhalb Jahre pilgerten die Zuhörer dienstags in die Buchhandlung, um Bernt Hahn und Peter Lieck dabei zu lauschen, wie sie Proust Romankosmos akustisch entfalteten. Helge Heinold las in den letzten Jahren Cervantes und die Zuhörerzahlen stiegen stetig an, so dass Wiederholungsveranstaltungen organisiert werden mussten. Heinold startet in diesem Monat mit Iwan Gontscharows „Oblomow“ einen neuen Lesemarathon. Über mehr als ein Jahr wird sich das Unternehmen hinziehen, dem das Publikum wie immer kostenfrei lauschen darf. Aber wie ist das möglich? Hildegund Laaff schmunzelt: „Die Lesungen sind die beste Werbung für uns“, sagt sie, „und die Veranstaltungen binden die Menschen an die Buchhandlung. Für uns ist der Kunde ein Gast.“
Die Lengfeld‘sche Buchhandlung befindet sich am Kolpingplatz gegenüber der Minoriten Kirche.
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