Ehrenamt – das klingt schon altbacken. In der gegenwärtigen Krise der Demokratie scheint der Gedanke freiwilliger Arbeit aber aktueller denn je. Am Anfang des Ehrenamts stand auch die Einsicht (oder Furcht) des Staats, dass BürgerInnen die Gemeinschaft mitgestalten wollen – und sich anderenfalls gegen ein bevormundendes System auflehnen würden. In Deutschland gehen dem laut der Datenbank Statista fünfzehn Millionen Menschen nach, zum Beispiel in Pflege, Erziehung oder Naturschutz. Das gemeinnützige Ehrenamt reagiert unmittelbar auf die Bedürfnisse vor Ort.
Ähnliches gilt für Genossenschaften, die hierzulande auf mehr als 150 Jahre Geschichte zurückblicken. In Zeiten von Finanz- und Energiekrise erfahren sie neue Aufmerksamkeit, wird ihnen als regional verankerten, basisdemokratischen Zusammenschlüssen doch zugetraut, trotz Gewinnorientierung konsequenter als andere Unternehmenstypen im Sinne des Gemeinwohls zu wirken.
Der Gedanke, der Gemeinschaft etwas (zurück) zu geben, wirkt schließlich auch in Stiftungen. Mittlerweile machen Bürgerstiftungen von sich reden, die nicht von oben verordnet, sondern von unten gewachsen sind. Anders als manche partei- und konzernnahen Stiftungsgiganten sehen sie sich nicht dem Vorwurf ausgesetzt, unerhörte wie unüberschaubare politische Macht angehäuft zu haben.
Auch Menschen, die sich nicht in dem Raster aus Ehrenamt, Stiftungen und Genossenschaften wiederfinden, können sich mit anderen zusammentun, um Zeit, Wissen und Beziehungen zur Verfügung zu stellen – um demokratische Überzeugungen zu leben, nicht, um bloß das eigene Kapital zu mehren. Wie steht es um solches Engagement? Vereine, klassische Orte des Ehrenamts, beklagen vielerorts einen drastischen Mitgliederschwund. Freiwilligenarbeit gibt zudem Hinweise darauf, wo der Staat Versorgungslücken schließen müsste – stattdessen zieht der sich zurück, sodass Versorgungslücken wachsen und Freiwillige bis über ihre Belastungsgrenzen beansprucht werden. Gute Gründe für Optimismus gibt es trotzdem, scheinen doch mittlerweile die Möglichkeiten endlos, sich zu vernetzen und neue Formen gemeinsamen Engagements zu erproben.
In unserem Monatsthema SOLIDARISCH VERNETZT fragen wir, was alte und neue Formen demokratischen Engagements bedeuten für unseren Umgang mit Kunst, Journalismus und Landwirtschaft. Kunstvereinen verdanken wir, dass der Genuss und die Diskussion von Kunst seit Generationen landesweit allen BürgerInnen möglich ist. JournalistInnen stehen vor der Herausforderung, angesichts sinkender Budgets weiterhin unabhängig ihrer Arbeit nachzugehen. Unter LandwirtInnen und VerbraucherInnen wächst die Überzeugung, dass der Erhalt unserer Nahrungsgrundlagen nur gemeinsam gelingt. Wir diskutieren die neuesten Entwicklungen und sprechen mit MacherInnen.
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