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Machtspiele

26. Juli 2024

Intro – Gewaltrausch

Menschen wollen mehr „Recht und Ordnung“, legt die EU-Wahl nahe. So hat die politische Rechte Zugewinne verbucht, während soziale und ökologische Positionen verloren haben. Überraschend? Ängste vor „Überfremdung“, rechter Gewalt, Reichsbürgern, linker Gewalt oder islamistischem Terror prägen öffentliche Debatten. Unsolidarische und aggressive Botschaften profitieren offenbar hiervon – und werden indes auch von sogenannten Mitteparteien vertreten. Es sind auch keine Hirngespinste, denen die Ängste gelten: Terroristen und Extremisten gefährden die Öffentlichkeit, die erwarten darf, dass Behörden ihr Bestes tun, um Sicherheit zu gewährleisten. Statistiken weisen zudem einen Zuwachs an häuslicher Gewalt aus, „Messerstecher“ sind in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Liegen die Nerven der Gesellschaft blanker als zuvor? Dem geht unser Monatsthema GEWALTRAUSCH nach.

Unsere Leitartikel erkennen im Diskurs über Jugendgewalt starke rassistische Tendenzen, wundern sich darüber, dass Dokus und Diskussionen über wahre Verbrechen ein so begeistertes Publikum finden und überlegen, was es braucht, um häusliche Gewalt zu verhindern.

In unseren Interviews diskutiert der Kriminologe Dirk Baier, ob Gewalt im öffentlichen Raum durch Gesetze verhindert werden kann, der Journalist Tanjev Schultz wägt ab, wo ethische Grenzen in der Kriminalberichterstattung liegen und die Familienberaterin Nina Trepp erklärt, wie Eltern in der Kindererziehung neben körperlicher auch psychische Gewalt vermeiden können. 

In unseren Lokalbeiträgen erfahren wir, wie sich die Kölner Polizei um Opfer schwerer Verbrechen kümmert, in Bochum, wie der Weisse Ring Menschen hilft, die Opfer von Kriminalität geworden sind und in Wuppertal, wie der Frauen helfen Frauen e.V. Schutz vor häuslicher Gewalt bietet. 

In der Politik geht es um die Macht, die Geschicke von Gemeinschaften und Staaten zu lenken und damit auch, Gewalt über Menschen ausüben zu können, sei sie auch demokratisch legitimiert. Im Ringen um diese Macht ist leider nicht das bessere Argument ausschlaggebend. Dafür sorgt nicht zuletzt eine atemlose Medienarena, die Wahrheit und Lüge kaum voneinander scheiden kann, selbst, wenn sie es wollte. Das liegt unter anderem daran, dass politische Lügen ununterbrochen unters Publikum gebracht werden, getreu dem Motto, das öffentliche Gespräch „mit Scheiße zu fluten“, wie es Steve Bannon empfahl, Ex-Berater von Ex-US-Präsident Donald Trump. Eine Lektion, in der die politische Rechte es zur Meisterschaft gebracht hat. Es liegt auch daran, dass es nicht wenigen Wählern ziemlich egal ist, wenn notorische Lügner und Menschenverächter an die Macht kommen – denn von deren Gegnern sind sie zu oft und zu schwer enttäuscht worden. Wenn bessere Argumente dagegen so wenig helfen, wie wäre es mit besserer Politik – die etwa Sicherheitsbedürfnisse und Solidarität nicht gegeneinander ausspielt?

Dino Kosjak/Chefredaktion

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