Dass die Gesellschaft nicht nur aus Lehrern und Schülern besteht, hat sich bei den Veranstaltern der Kölner Kleinkunstbühnen inzwischen herumgesprochen. Entsprechend gefüllt sind die Terminkalender – allen voran der des Senftöpfchen Theaters, für das Urlaub und Ferienpause Fremdworte sind. Wie in den vergangenen Jahren füllt Stephan Masur mit seinem Varietéspektakel „Cirque de Tuque²“ den Spielplan vom 18. Juli bis zum 12. August, der diesmal „in between“ ist, also zwischen ausgefeilter Artistik, zarter Poesie und phantastischen Geschichten.
Elf Tage zuvor zeigt Barbara Ruscher an selber Stelle ihr Programm „Ekstase ist nur eine Phase“: Die einen fallen angesichts eines Thermomix in einen wahren Sinnestaumel, andere können sich über die Maßen für Kabelbinder begeistern und wieder andere – es scheint sich um ein geschlechtsspezifisches Gen zu handeln – geraten alleine beim Anblick eines Grills aus dem Häuschen. Die Kölner Kabarettistin und Moderatorin des Spin-offs von „extra 3 Spezial: Der reale Irrsinn XXL“ bringt locker und mit viel Gespür für ihr Publikum ein Solo wirksamer Gags auf die Bühne, das nicht nur von einer guten Beobachtungsgabe für zeitgemäße Moden und Marotten im Öko-Hipster-Milieu zeugt, sondern auch die gesellschaftspolitischen Strömungen und ihre Auswirkungen auf das gemeine Leben unter die Lupe nimmt. Besonders schön: ihr Song über Hardcore-Veganer – auf veganen Instrumenten gespielt.
Katharina Schmidt setzt dagegen auf die Kündigung von Vodafone („Du bist wie o2“): Sie ist eine von zwölf Newcomern, die im WirtzHaus (das ebenerdige Café im Kölner Atelier Theater an der Roonstraße 78 – angelehnt an den Namen der Hausherrin Rosa K. Wirtz) bis einschließlich 24. August auftreten – zum 20. Mal jeweils von Montag bis Donnerstag, ab 21.30 Uhr, zweimal 20 Minuten „gratis und nicht umsonst“. Gratis ist der Eintritt, nicht umsonst die Möglichkeit, sein Programm beziehungsweise die Gags und Pointen vor Publikum auf ihre Funktionstüchtigkeit hin zu testen. Zünden sie so, wie man sich das vorgestellt hat? Lachen die Zuschauer auch schön? Applaudieren sie?
Ein weiterer Gradmesser fürs Gelingen ist das Sümmchen, das am Ende der Vorstellung in dem Hut landet, der herumgegangen ist. Eine kleine, eher zufällig entstandene Auswahl gefällig? Schmidt bringt (vom 3. bis 6. Juli) ihre Ukulele mit und haut kräftig in die Saiten. Mit von der Partie sind aber auch „alte Hasen“ wie William Wahl (vom 10. bis 13. Juli), bekannt als Mitglied der a-cappella-Gruppe basta. „Eigentlich nichts“ kann nach eigenen Angaben Sebastian Richartz (vom 24. bis 27. Juli). Er sei faul und arrogant, aber auch clever und progressiv, also noch so etwas wie ein komödiantischer Diamant im Rohzustand. Ob's stimmt, wird sich zeigen. Alexandra Schiller beendet den männlich dominierten Reigen (vom 21. bis 24. August) mit ihrem verblüffenden Mundwerk: weitgehend selbst erfundene Zungenbrecher, die sie sich antrainiert hat – zur Freude der Zuhörer, das steht schon mal fest – schwört wie immer hoch und heilig die Ihnen stets ergebene
„Cirque de Tuque²“ | 18.7.-12.8. | Senftöpfchen Theater | 0221 258 10 58
Barbara Ruscher: „Ekstase ist nur eine Phase“ | Fr 7.7. 20.15 Uhr | Senftöpfchen Theater I 0221 258 10 58
„gratis und nicht umsonst“ | bis 24.8. | WirtzHaus | 0221 24 24 85
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