Mobilität wird in unseren Tagen so groß geschrieben wie niemals zuvor. Alles wird „to go“ ausgehändigt, warum dann nicht auch eine Musikproduktion? Der Verein „Music To Go“ macht dies möglich und schrumpft große Musikdramen zu einer mühelos reisefertigen Version – in diesem Jahr die Operette der Operetten, „Die Fledermaus“ von Johann Strauß.
Mit den Hits von Verdi, Puccini und Donizetti haben die Musici in den letzten Jahren ihr Publikum in NRW und Hessen verzaubert. Als Bühne dient eigentlich jede nette Umgebung, nur ein Dach über dem Ensemble ist erwünscht, damit die Instrumente geschützt sind. Trotzdem spielt die Truppe sehr gern „Open Air“ wie in Mülheim im originellen Ambiente des Ringlokschuppens, und das meist bei freiem Eintritt. Das wird durch eine intensive Förderung durch das Land und zahlreiche Sponsoren ermöglicht.
Dadurch entsteht auch eine pekuniäre Barrierefreiheit für alle Interessierten, die sich einmal in die Traumwelt des Musiktheaters entführen lassen wollen, ohne sich in Schale zu werfen oder sonstigen Zwängen zu fügen – die Etikette beim Opernbesuch beschränkt sich in den großstädtischen Theatern eh nur noch auf das Premium-Premierenpublikum. Und kein Stück eignet sich besser als die Fledermaus zum Eisbrecher für Neulinge.
Einiges bleibt natürlich im „Espresso-Format“ auf der Strecke, so die Rolle des Gerichtsdieners, genannt der „Frosch“. Es ist die Promi-Rolle für einen Schauspieler, Kabarettisten oder Publikumsliebling jeder Couleur, immer wieder auch gern in eine Hosenrolle umgedeutet. Da in einer Kammerbesetzung das Bühnen-Personal von einem Dutzend auf fünf Rollen gekürzt wird, fällt der Frosch als erstes heraus. Es geht ja um die Musik.
Ganz so einfach ist die Schrumpfkur eben nicht. Ein Streichquartett als Orchester erfordert ein geschicktes Arrangement, um die Walzerseligkeit als Direktimport aus Wien zum Klingen zu bringen. Und der Tenor, der den aufdringlichen Liebhaber Alfred singt, gibt auch noch den Advokaten Blind und lädt sich als Prinz Orlofsky gern mal Gäste ein auf seinen großen Ball. Dort regiert die Champagnerlaune, die im besten Falle ihre volle Wirkung am nächsten Morgen erzielt: „Glücklich ist, wer vergisst, was doch nicht zu ändern ist!“
Music To Go: Die Fledermaus von Johann Strauß | 16.7. 18 Uhr | Drehscheibe am Ringlokschuppen in Mühlheim an der Ruhr | weitere Termine in u.a. Kaarst-Büttgen (23.7.), Rommerskirchen (26.7.), Krefeld (28.7.) | music-to-go.com
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