Der Begriff „Ehrenamt“ klingt ein wenig angestaubt und weckt Assoziationen an Spüldienste im Gemeindecafé am Samstagnachmittag. Dabei übernehmen ehrenamtlich Tätige wichtige Funktionen und tragen wesentlich zu einer intakten Zivilgesellschaft bei. Allein in Köln engagieren sich etwa 200.000 Menschen in Sportvereinen, Jugendeinrichtungen, Seniorenwohnheimen, Flüchtlingsprojekten und Umweltinitiativen.
Der Wunsch, sich sozial zu engagieren, ist also durchaus verbreitet, viele sind jedoch unschlüssig, wofür sie sich engagieren sollen. Hier kommt die Kölner Freiwilligenagentur ins Spiel.
1997 gegründet, hat sich der Verein die Vermittlung von Menschen mit dem Willen, sich freiwillig zu engagieren, an gemeinnützige Einrichtungen zur Aufgabe gemacht. „Das ist der Ausgangspunkt und bis heute unser Kerngeschäft“, sagt Barbara Maubach vom Vorstand des Vereins. Wird ein Freiwilliger bei der Agentur vorstellig, wird zunächst im Gespräch festgestellt, was dieser an Fähigkeiten und Erwartungen an eine freiwillige Tätigkeit mitbringt. Durch die enge Vernetzung mit über 1000 gemeinnützigen Einrichtungen im Stadtgebiet, können die Mitarbeiter der Agentur den Klienten umfassend beraten, wo seine Fähigkeiten gebraucht werden und vermitteln ihn an eine entsprechende Einrichtung.
Während viele ein paar Stunden ihrer Freizeit im Monat investieren, bietet die Agentur auch den Freiwilligendienst an, bei dem man sich für einen Zeitraum von sechs bis zwölf Monaten befristet verpflichtet, zwischen 15 und 40 Wochenstunden in einer bestimmten Einrichtung zu leisten. Jungen Menschen zwischen 16 und 25 steht auch der internationale Freiwilligendienst zur Verfügung, in der diese in die europäischen Partnerstädte Kölns zwischen Irland und der Türkei vermittelt werden.
Über die Vermittlung von Einzelpersonen ist die Agentur inzwischen hinausgewachsen. „Wir bemühen uns genauso, auf Betriebe und Einrichtungen einzuwirken und diese dazu zu bewegen, sich gesellschaftlich zu engagieren“, so Maubach. Unternehmen können etwa das „Corporate Volunteering“ nutzen: Dabei stellen Betriebe ihre Mitarbeiter für einen Tag frei, den diese nutzen, um in einer gemeinnützigen Einrichtung mitzuhelfen. Auch Projekte mit einer eigenen Zielrichtung gehören zum Portfolio der Agentur – eines der bekanntesten sind die „LeseWelten“, bei denen ehrenamtliche Vorleser in Bibliotheken und Grundschulen gehen, um die Lesekompetenz von Kindern zu fördern. Auch im Bereich der Förderung von Flüchtlingen ist die Agentur aktiv, etwa durch Mentorendienste, bei denen Freiwillige Flüchtlingen die Orientierung in der fremden Gesellschaft erleichtern und ihnen bei Alltagshürden behilflich sind.
Laut Maubach findet sich unter den Freiwilligen ein breiter Querschnitt der Gesellschaft: Viele befinden sich zwar bereits in der „nachberuflichen“ Lebensphase, doch auch beachtlich viele Schüler, Studenten und auch einige Berufstätige engagieren sich. „Das sind Menschen, denen es ein Bedürfnis ist, etwas für andere zu tun, die einen sozialen Impetus haben“, ist Maubach überzeugt. „Viele sagen auch, dass sie viel Zeit zur Verfügung haben, die sie strukturieren und mit etwas Sinnvollem verbringen wollen.“ Maubach sieht auch, dass es nicht die reine Selbstlosigkeit ist, die die Helfer motiviert. „Wenn ich jemanden von einer miesen Situation zu einer guten Situation verhelfen kann, macht mich das glücklich – natürlich diene ich dann auch meinem Eigeninteresse“, stellt sie fest. „Aber es ist ein aufgeklärtes Eigeninteresse, das langfristiger ausgerichtet ist, als etwa Profitstreben. Es führt letztlich zu einer win-win-Situation für alle Beteiligten – und diese Art von Eigeninteresse kann man auch lernen.“
Lesen Sie weitere Artikel
zum Thema auch unter: trailer-ruhr.de/thema und engels-kultur.de/thema
Aktiv im Thema
www.koeln-freiwillig.de | Agentur, die Freiwilligendienste in Köln vermittelt
www.dominikanerkloster-koeln.de | Dominikanerkloster Heilig Kreuz Köln
www.amnesty.de | Netzwerk zu Aktionsformen gegen verschiedene Formen von Menschenrechtsverstößen weltweit
Thema im Oktober FRAUENRECHT
Burkadebatte, Sexualstrafrecht und wer davon profitiert
Wo es bei der Gleichberechtigung noch hakt. Je nackter desto freier? Schreiben Sie uns unter meinung@choices.de.
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Hilf Dir selbst
Ein evolutionärer Blick auf die Pflicht zur Hilfe – THEMA 09/16 BRÜDERLICHKEIT
„Ich brauche nichts, für mich ist gesorgt“
Pater Cletus Wingen über das Leben in einer brüderlichen Glaubensgemeinschaft – Thema 09/16 Brüderlichkeit
Generationenwissen
Intro – Auf ein Neues
Zukunft? Kannst'e Dir sparen!
Teil 1: Leitartikel – Die Schuldenbremse ist ökonomischer Irrsinn und zudem undemokratisch
„Dominierende Haltung: Reform der Schuldenbremse ist nötig“
Teil 1: Interview – Wirtschaftsweise Achim Truger über die Wirtschaftskrise und die Ideen der Parteien
Kein klares Ziel
Teil 1: Lokale Initiativen – Der Wissenschaftsladen Bonn bietet Berufsorientierung für akademische Generalisten
Falscher Frieden
Teil 2: Leitartikel – Neuwahl im permanenten Kriegszustand
„Jeder Krieg kann verhindert werden“
Teil 2: Interview – Politologe Andreas Hasenclever über Wege zum Frieden
Forschen für den Frieden
Teil 2: Lokale Initiativen – Theorie und Praxis des Völker- und Menschenrechts an der Ruhr-Universität Bochum
Politik fürs Gemeinwohl?
Teil 3: Leitartikel – Wer das Interesse des Landes im Sinn hat, hetzt keine sozialen Gruppen gegeneinander auf
„Die Schulen versagen bei politischer Bildung“
Teil 3: Interview – Politologin Nina Kolleck über die Vermittlung demokratischer Werte
Mit Kopf und Bauch
Teil 3: Lokale Initiativen – Politikwissenschaftler Detlef Sack über die Demokratie in Deutschland
Mitregieren per Zufall
Wie Bürger:innenräte die irische Demokratie fit halten – Europa-Vorbild Irland
Wenn Parteien etwas ändern würden …
Welche Lüge bekommt meine Stimme? – Glosse
Gegen welche Regel?
Intro – Flucht und Segen
Rassismus kostet Wohlstand
Teil 1: Leitartikel – Die Bundesrepublik braucht mehr statt weniger Zuwanderung
„Ein Überbietungswettbewerb zwischen den EU-Staaten“
Teil 1: Interview – Migrationsforscherin Leonie Jantzer über Migration, Flucht und die EU-Asylreform
Ein neues Leben aufbauen
Teil 1: Lokale Initiativen – Der Verein Mosaik Köln Mülheim e.V. arbeitet mit und für Geflüchtete
Schulenbremse
Teil 2: Leitartikel – Was die Krise des Bildungssystems mit Migration zu tun hat
„Die Kategorie Migrationshintergrund hat Macht“
Teil 2: Interview – Migrationsforscher Simon Moses Schleimer über gesellschaftliche Integration in der Schule
Bildung für Benachteiligte
Teil 2: Lokale Initiativen – Der Verein für multikulturelle Kinder- und Jugendhilfe in Bochum
Zum Schlafen und Essen verdammt
Teil 3: Leitartikel – Deutschlands restriktiver Umgang mit ausländischen Arbeitskräften schadet dem Land
„Es braucht Kümmerer-Strukturen auf kommunaler Ebene“
Teil 3: Interview – Soziologe Michael Sauer über Migration und Arbeitsmarktpolitik
Ankommen auch im Beruf
Teil 3: Lokale Initiativen – Bildungsangebote für Geflüchtete und Zugewanderte bei der GESA
Das Recht jedes Menschen
Die Flüchtlings-NGO Aditus Foundation auf Malta – Europa-Vorbild Malta