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Tänzerinnen vor dem Auftritt, o.D.
Foto: Helga Wallmüller

Die Quadratur des Kreises

30. Oktober 2012

Das Museum als Chance für den Tanz – Tanz in NRW 11/12

Bewegung bringt man nicht unbedingt mit dem in Verbindung, was man gemeinhin in einem Museum sieht. Außer vielleicht im BMW-Museum, wo die Autos an den Wänden entlangfahren. Aber Tanz? Wie lassen sich Dynamik und Kontemplation miteinander verbinden? Das Tanzmuseum des Deutschen Tanzarchivs sieht sich in jedem Jahr vor diesen Versuch einer Quadratur des Kreises gestellt. Mit der aktuellen Jahresausstellung „Lichtspiele“ potenziert Chefkurator Thomas Thorausch diese Herausforderung, indem er die Beziehung zwischen dem Tanz und den beiden Bildmedien Fotografie und Film betrachtet, in denen sich die Tanzkunst seit jeher spiegelt. Tatsächlich wurde schon im 19. Jahrhundert aufwändig im Fotostudio inszeniert, damals waren Malerei und Bildhauerei die Ideengeber für jene Gesten und Posen, in denen der Körper abgelichtet wurde.

Aber es gab auch Künstler, die das Wesen der Bewegung von einem Medium ins andere zu übernehmen verstanden. Filmszenen von Charlie Chaplin und Dsiga Wertow geben eine Vorstellung vom explosiven Potential, das schon damals in der Tanzkunst steckte.

Man beeinflusste sich gegenseitig, so zeigen die Massen-Inszenierungen von Busby Berkeley immer wieder Ornamente, in denen die Tänzerinnen in Gruppen als Auge oder Kamerablende arrangiert wurden. Aus dem Studio oder dem Bereich hinter den Tanzbühnen führt der Weg in die Städte. Plötzlich begrüßen die Tänzerinnen auf dem Eiffelturm oder über den Dächern New Yorks den Frühling. Tänzer werden zu Ikonen, Mary Wigman findet sich auf Sammelbildern in Zigarettenschachteln wieder. Die Ausstellung gibt Kostproben von Fred Astaire, der die Welt in ein Requisit seiner Tanzkunst verwandelte. Gegen Ende der Ausstellung, die klug in angedeutete Räume aufgeteilt ist, in denen konzentriert Bilder und Filme betrachtet werden können, begegnen sich Vergangenheit und Gegenwart. Zu den Scherenschnitten des 19. Jahrhunderts, die nur eine Illusion von Bewegung zu erzeugen vermochten, gesellen sich die Pixel unserer Tage.

Die „sentimentale Reise endet melancholisch“, wie Thomas Thorausch bemerkt, denn heute finden sich die Tanzbilder vor allem auf YouTube, zumeist in schlechter Bildqualität und vor allem nur in Schnipseln. Komplette Choreographien kennen jüngere Internet-Nutzer nicht mehr. Die Gelegenheit, den Tanz mit Hilfe von Film und Fotografie mit „anderen“ Augen zu sehen, eröffnet das Tanzmuseum mit seinem umfangreichen Begleitprogramm zur Ausstellung, das sich über ein komplettes Jahr zieht.

So erweist sich das Museum als ein Ort, der vor der Dynamik der Bewegung nicht kapitulieren muss, sondern so erst recht eine Möglichkeit bietet, das, was wir immer nur so flüchtig vom Zauber des Tanzes wahrnehmen, auf andere Weise zu betrachten. Thomas Thorausch nutzt zudem die Chance, Dialoge mit Malerei und Fotografie herzustellen, die eine Vorstellung vom Tanz als Motor der Moderne geben. So stellt sich das Museum nicht mehr als verschlafener Musentempel dar, sondern bewährt sich als Medium, das im Zeitalter des Internets Menschen, Gegenstände und Bilder in einen sinnlichen Dialog bringt, der mehr bietet, als eine bloße Ansammlung von Bildern vorzuzeigen.

„Lichtspiele – Wie Film und Fotografie Tanz sehen“ I bis 18.8.2013 I Tanzmuseum des Deutsches Tanzarchivs Köln/SK Stiftung Kultur I 0221 88 89 54 44

Thomas Linden

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