Zeit und Raum lassen sich nicht voneinander trennen. Damit wir die beiden Phänomene als eines wahrnehmen können, legt Ilona Pászthy ihre neue Produktion an drei öffentlichen Orten in Köln an. Auf der Domtreppe entwickelt sich aus dem Getümmel von Passanten und Touristen eine Performance der Tänzer von Pászthys Ensemble und den Mitgliedern des Trust Dance Theatre aus Seoul. Da gibt es neugierige Blicke und die Smartphones werden gezückt, wenn sich die Tänzer bei den Händen nehmen und in einer Art Zeitlupe die Treppe hinabzustürzen scheinen. So beiläufig die Aktion begonnen hat, so diskret löst sie sich auch wieder auf.
Die Koreaner eilen zur Kirche St. Gertrud, deren von Gottfried Böhm gestalteter Innenraum einen wunderbaren Rahmen für Tanzprojekte bietet. Während in St. Gertrud die Choreographie von Hyeonghee Kim zu sehen ist, taucht die Crew von Ilona Pászthy zeitgleich in der Foyer-Halle des Rautenstrauch-Joest-Museums auf. „Time is time is...“ nennt sich die Produktion. Jeder erlebt die Zeit anders, mal zerstreut sie sich, dann wieder scheint sie sich zu verdichten. So stellt sich auch die Choreographie dar. Mitunter verschwinden die Akteure in der Weite der Halle. Das Publikum kann sich ebenfalls frei im Raum bewegen, daher kann man ganz nah an das Geschehen heranrücken. Die Tänzer hat man plötzlich für sich, erlebt sie wie schöne Skulpturen, die einen mit ihren Gesten gefangen nehmen. Die Inszenierung ermöglicht solche intensiven Momente, in denen der Tanz seine realen Qualitäten entwickeln darf.
Ins Zentrum rücken immer wieder die beiden Frauen (Jelena Pietjou und Sun Young Lee) der jeweiligen Ensembles. Jede brilliert mit ihrer Ausstrahlung in den Pas de Deux, die Männer nehmen die Rolle als Begleiter geschmeidig an. Obwohl die Produktion auf Brüche angelegt ist, stellt sich durch die amorphe und dabei doch melodische Musik von Zsolt Varga eine fein gewebte Basis her, die das ambitionierte Zeitthema trägt. Unsere Leben ereignen sich parallel zueinander, den Aspekt des Nebeneinanders bringt die Inszenierung in dem Moment ins Bewusstsein, in dem plötzlich das andere Ensemble auftaucht. Fast unbemerkt hat sich der Wechsel vollzogen. Die Künstler sind eilig durch die Stadt gekurvt, um am jeweils anderen Ort den Abend zu beenden. Eine Inszenierung, die dem Publikum vieles anbietet; man muss sich beherzt nehmen, was die Choreographie bietet, dann wird auch die Erkundung der Räume zum Abenteuer.
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