Mittwoch, 25. April: Seine Welturaufführung erlebte das Langfilmdebüt der Reporterin und Radiomoderatorin Sonia Kronlund, „Meister der Träume“, im Mai 2017 beim Internationalen Filmfestival in Cannes. Dort wurde die Dokumentation über den charismatischen afghanischen Do-It-Yourself-Filmemacher und -Star Salim Shaheen mit minutenlangen Standing Ovations und Applaus bedacht. Kein Wunder, denn der Tausendsassa, der bereits über einhundert Filme heruntergekurbelt hat, ist ein wahres Unikum, dessen selbstsichere Art und Unverfrorenheit ihm schnell die Sympathien der Zuschauer einbringt. Kronlund kannte das vom Krieg gebeutelte Afghanistan schon seit vielen Jahren und war während ihrer mehrfachen Aufenthalte als Reporterin vor Ort irgendwann zwangsläufig auf Salim Shaheen gestoßen, der in der Bevölkerung ein hohes Ansehen genießt und von vielen bei seinen öffentlichen Auftritten wie ein Popstar gefeiert wird. Kronlund spürte, dass es trotz der Kriegsgräuel und dem alltäglichen Leid in Afghanistan dort auch eine Lebensfreude gibt, die sie unbedingt filmisch festhalten wollte. Salim Shaheen erschien ihr dafür als die logischste Wahl, denn seine oftmals an der Farbenpracht und der Musikalität der Bollywoodfilme angelehnten Werke vermitteln seinen Landsleuten in erster Linie genau das – Lebensfreude!
Kurz bevor „Meister der Träume“ am 3. Mai 2018 in mehr als 40 Kinos bundesweit anläuft, fand nun in Köln die NRW-Premiere des Films im Weisshauskino statt. Keine zufällige Wahl, denn die Kölner Produktionsfirma „Made in Germany Filmproduktion“ war als deutscher Co-Produzent an diesem französischen Film beteiligt, zusätzliche Unterstützung bei der Produktion und im Verleih gab es durch die in Düsseldorf ansässige Film- und Medienstiftung NRW. Der deutsche Verleiher Michael Hehl von temperclayfilm begrüßte zur Preview in der Kölner Südstadt Melanie Andernach, die als deutsche Co-Produzentin schon in der Entwicklungsphase des Films zum Projekt dazu gestoßen war. Deswegen konnte sie im Anschluss an die Filmprojektion mit dem interessierten Publikum über die Drehbedingungen und die bisherige Rezeption des Films sprechen. Andernach erläuterte, dass die eigentlichen Dreharbeiten in zwei Blöcken à zwei Wochen stattgefunden hatten. „Mehr als zwei Wochen sollten sich Ausländer nicht am Stück in Afghanistan aufhalten, weil sonst ihre Wege bekannt sind und die Gefahr einer Entführung steigt“, schilderte die Produzentin die zusätzlichen Hürden bei der Entstehung des Films. Der erste Block musste dann sogar zwei Tage vor dem geplanten Ende abgebrochen werden, weil vor Ort ein Anschlag stattgefunden hatte, der aber nicht dem Filmteam gegolten habe. Aber nicht nur diese äußeren Umstände machten die Dreharbeiten zu einer Herausforderung, auch der Protagonist Salim Shaheen stellte zunächst selbst eine Hürde dar. Laut Andernach dauerte es eine Weile, bis er sich auf die Idee einer Dokumentation über sich einlassen konnte.
Nach dem ersten Drehblock wurde bereits klar, dass man Shaheen in den zweiten vierzehntägigen Dreharbeiten aus seiner gewohnten Umgebung herausbringen musste, um ihn aus der Reserve zu locken. In seinen eigenen vier Wänden war er zu selbstsicher und dadurch auch unnahbar. Deswegen begleitete ihn Sonia Kronlund dann auf seiner Reise nach Bamiyan, wo er zeitgleich zwei neue Filme mit autobiografischen Details über sich realisieren wollte. „Erst hier entschloss sich die Regisseurin, auch selbst vor die Kamera zu treten, um dem Film eine zusätzliche Ebene zu bescheren“, führte Melanie Andernach weiter aus. Erst in diesen Momenten, in denen Salim Shaheen vor der Kamera mit einer ihm gleichgestellten weiblichen Filmemacherin in den Dialog tritt, werden weitere Facetten seiner Persönlichkeit sichtbar. Der afghanische Regisseur und Star sei es gewohnt, dass er alles bekäme, was er wolle. Schauspieler zahlten ihm teilweise sogar Geld, um an seiner Seite in seinen Filmen auftreten zu können, so Andernach. Deswegen sei es für Shaheen und seine Co-Stars ein gefundenes Fressen gewesen, mit „Meister der Träume“ in Cannes dabei zu sein, wo sie alle vom Publikum frenetisch gefeiert wurden und insbesondere Salim ganz in seinem Element war. Shaheens langjähriger Wegbegleiter und Co-Star, der offensichtlich homosexuelle Qurban Ali Afzali, der in Afghanistan gezwungen war, eine heterosexuelle Familie zu gründen und seine effeminierte Art lediglich in seinen weibischen Rollen vor der Kamera ausspielen konnte, nutzte die Gelegenheit der Cannes-Reise und tauchte in Frankreich unter. Melanie Andernach wusste nicht, ob er dort nun Asyl beantragt habe und wo er sich derzeit befinde. Sie hält es allerdings für möglich, dass Sonia Kronlund diesbezüglich auf dem Laufenden ist und sich ihr nächstes Filmprojekt um den regimeflüchtigen Homosexuellen drehen könnte.
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