Donnerstag, 9. Juni: Die ersten Minuten des Dokumentarfilms „Zen for Nothing“ fordern die Geduld und Konzentration des Publikums – denn es wird fast nichts gesprochen. Werner Penzel („Lucie et maintenant“) begleitete in seinem neuesten Film die Schweizer Schauspielerin Sabine Timoteo („Die Farbe des Ozeans“) auf ihrer Reise in das japanische Antaiji-Zen-Kloster der Sangha-Gemeinschaft, wo diese rund ein Jahr mit stillen und Kräfte zehrenden Meditationen und dem Arbeiten für und mit der Gruppe verbrachte. In diesen ersten Minuten entfaltet der Film schon seine ganze meditative Kraft, die er sich auch in den folgenden einhundert Minuten bewahren kann. Für Werner Penzel war es wichtig, dem Zuschauer auf diese Weise klar zu machen, was in diesem Kloster passiert – nämlich über weite Strecken nichts. Für den Regisseur sind selbst in Spielfilmen Handlungen nur dazu da, um Momente begreifbar zu machen, was ihm in der Doku „Zen for Nothing“ auch eindrucksvoll gelungen ist.
Beim anschließenden Publikumsgespräch im Odeon-Kino erzählte Penzel, dass er im Alter von 16 Jahren im Jahr 1966 mit den Schriften der Beat-Generation in Kontakt kam, die ihn faszinierten. Schnell erkannte er, dass diese in weiten Teilen von der Zen-buddhistischen Philosophie beeinflusst waren und begann sich seinerseits für diese zu interessieren. „Zen-Buddhismus ist keine Religion, sie hat keinen Gott und ist anti-dogmatisch. Das fand ich von Anfang an sehr faszinierend, und ich wollte schon bald selbst in ein solches Kloster eintreten“, rekapitulierte Penzel seine frühe Leidenschaft für die Materie. Im Jahr 2005 formte sich bei einem Japan-Besuch erneut sein Wunsch, in ein Kloster zu gehen. „In Japan kannte ich allerdings kein Kloster, in das Männer und Frauen gehen konnten“, so der Regisseur. Penzel recherchierte im Internet und stieß dabei auf das Antaiji-Kloster, entdeckte darüber hinaus, dass es von einem in Berlin geborenen Abt geleitet wurde. Im Telefongespräch mit Muho Nölke ergatterte er noch kurzfristig den letzten der 25 zur Verfügung stehenden Plätze des Klosters und wurde seitdem zu einem der immer wieder zurückkehrenden Mönche der Gemeinschaft. Im Jahr 2009 entstand schließlich der Plan, einen Film über diesen besonderen Ort zu realisieren. Sabine Timoteo kannte der Regisseur seit ihrem 19. Lebensjahr und fasste sie als Protagonistin für seinen Film ins Auge. „Sabine hatte keine esoterischen Ambitionen, war noch nie in einem Kloster. Dass sie Schauspielerin ist, war für meine Entscheidung zweitrangig“, erläuterte Penzel. Timoteo nahm die Herausforderung an, und so entstand mit ihr ein Film im Zen-Kloster, kein Film über das Zen-Kloster, wie Werner Penzel betont. Er habe bewusst auf Erklärungen verzichtet, weil diese nach seiner Einschätzung eher zu Missverständnissen geführt hätten.
Eine der Zen-buddhistischen Erkenntnisse, die „Zen for Nothing“ transportieren solle, sei die Weisheit, dass wir träumen, auch wenn wir wach sind. Denn der Mensch nähme seine Umwelt und die Wirklichkeit nur sehr selten direkt wahr, da er ständig alles um ihn herum werte und einordne und deswegen durch einen Filter betrachte, so der Filmemacher. Da es in dieser Philosophie keine Ideologien und Dogmen gäbe, sei jeder willkommen, ganz gleich, welcher Nationalität oder Religion er angehöre. Im Zen würde ohnehin jeder anders denken. Wichtig sei dabei, dass der Mensch in der Meditation die Zeit findet, aus dem Hamsterrad herauszukommen, in dem er Tag für Tag gefangen ist. Dass das lange Sitzen mit starrem Blick vor eine leere Wand auch eine physische Herausforderung darstellt, der die Mönche mehr oder weniger gut gewachsen sind, kann man in Penzels Film eindrucksvoll erkennen. Auch die Arbeit auf den Feldern, auf denen man sich das Essen, das man isst, selbst anbaut, bringt so manchen an seine körperlichen Grenzen. Dafür müssen sich die Mönche im Antaiji-Kloster ab dem Moment ihrer Ankunft vor Ort keinerlei Gedanken mehr um Geld machen, da das Leben dort völlig unabhängig von finanziellen Gesichtspunkten funktioniert.
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