Montag, 26. Oktober: „Filmplus“ hat sich in den fünfzehn Jahren seiner Existenz zum wichtigsten Branchentreff der Editorenszene im gesamten europäischen Raum gemausert. Davon zeugten 2015 Gäste aus acht Nationen, darunter auch der Editor des polnischen Oscar-Gewinner-Films „Ida“, Jarosław Kamiński. Neben der Verleihung der drei Schnitt Preise hat man in den letzten Jahren gerade bei den Themenpanels und Werkstattgesprächen den Fokus über den traditionellen Bildschnitt heraus erweitert und widmet sich auch dem Tonschnitt und Sounddesign eines Films. In Kooperation mit der Berufsvereinigung Filmton (bvft) wurde am letzten Festivaltag der aktuelle dänische Film „The Idealist – Geheimakte Grönland“ von Christina Rosendahl gezeigt, der derzeit noch keinen deutschen Verleih gefunden hat. Im Anschluss an die Projektion standen der dänische Sounddesigner des Films, Peter Albrechtsen, und der deutsche Mischtonmeister von „The Idealist“, Lars Ginzel, dem bvft-Vorstand Andreas Hildebrandt und den Fragen des Publikums Rede und Antwort.
Peter Albrechtsen erläuterte, dass er Regisseurin Christina Rosendahl bereits seit zwanzig Jahren kenne und in dieser Zeit an jedem ihrer Filme als Sounddesigner gearbeitet habe. Dieses Vertrauen zwischen den beiden war insbesondere bei „The Idealist“ notwendig, einem für Rosendahl extrem wichtigen Film, für dessen Vorbereitung sie sieben Jahre benötigte. Es ist die Verfilmung des Buches von Poul Brink, der darin seine investigativen Ermittlungen zum Absturz eines amerikanischen B52-Bombers über Grönland im Jahr 1968 rekapitulierte. Das auf tatsächlichen Vorkommnissen basierende Dokudrama ermöglichte auch Albrechtsen, akustische Recherchen durchzuführen. „Der Film bot mir unzählige Möglichkeiten, weil die Hauptfigur die ganze Zeit über Kopfhörer anderen zuhört. Wenn das Publikum einem Protagonisten beim Zuhören zusieht, konzentriert es sich ebenfalls stark auf die Töne des Films“, so der dänische Sounddesigner. Da der Held des Films, anders als die investigativen Journalisten aus „Die Unbestechlichen“, hier weitgehend auf sich selbst gestellt ist und niemanden hat, mit dem er über seine Entdeckungen reden kann, musste ein Großteil der Geschichte aus ihm selbst heraus erzählt werden. Albrechtsen nutzte die unterschiedlichsten Töne, um das zu illustrieren. Mischtonmeister Lars Ginzel aus Berlin, der hier zum ersten Mal an einem dänischen Film arbeitete, kam schon ein Jahr vor Beginn der Mischung zum Projekt hinzu. Beide Tontechniker betonten, dass es von enormem Vorteil war, dass „The Idealist“ mit einem solch üppigen Zeitpolster ausgestattet war, dass beide ihren Job in aller Ruhe und so akribisch in Angriff nehmen konnten.
Peter Albrechtsen und der Komponist Jonas Struck begannen mit ihrer Arbeit an diesem Projekt bereits in der Drehbuchphase. Das hatte den Vorteil, dass für den Bildschnitt bereits die finalen Kompositionen zur Verfügung standen und dass auch Albrechtsen seine Toneffekte rhythmisch an die Filmmusik anpassen konnte. „Wir hatten jede Menge Zeit, um herumzuspielen und zu experimentieren, und nutzten alle Regeln der Kunst aus“, erläuterte Albrechtsen sein Vorgehen. Um die verschiedenen Arbeitsphasen deutlicher zu machen, zeigten Andreas Hildebrandt und seine Gäste dem Publikum eine Szene des Films zunächst in ihrer finalen Form, anschließend noch einmal jeweils nur mit den Toneffekten, nur mit der Filmmusik und nur mit den Original-Dialogen. Lars Ginzel kommentierte das schließlich mit den Worten: „Der Rhythmus fehlt einfach, wenn man eine Szene nur mit der Musik, aber ohne Toneffekte anschaut.“ Für ihn beginnt ein gutes Sounddesign bereits in der Drehbuchphase eines Films. Am besten könne er mit jemandem wie Christina Rosendahl arbeiten, einem Filmemacher also, der aufgeschlossen ist und sich auch über den Ton seines Films seine Gedanken macht.
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