Freitag, 7. Oktober: In einem bis auf den letzten Platz besetzten Kinosaal im Cinenova startete die bisherige Cologne Conference unter ihrem neuen Namen Film Festival Cologne in eine aufregende Woche voll mit cineastischen Leckerbissen. Moderator Jörn Behr legte gleich zu Beginn die Latte hoch: Der Eröffnungsfilm „Nocturama“ des französischen Regisseurs Bertrand Bonello („Saint Laurent“) hinterlasse das Gefühl eines Schlags in die Magengrube. Dieses manifestiere sich jedoch erst im Nachhinein. Bevor das Publikum diese Beurteilung verifizieren konnte, plauderten noch die Mitarbeiter der Kölner Koproduktionsfirma Pandora Film aus dem Nähkästchen. Produzent Christoph Friedel konzedierte zwar, dass der gesamte Film in Paris gedreht worden sei, der Ton jedoch aus einem Kölner Studio komme. Überdies habe man schon zahlreiche Filme mit französischen Partnern produziert. „Das nächste Mal drehen dann die Franzosen in Köln.“ Seine Kollegin Claudia Steffen benannte den Grund für die Produktionsbeteiligung: „Wir hatten das Drehbuch bekommen. ‚Nocturama‘ ist ein überaus mutiger Film und darin lag für uns die Faszination des Projektes.“
Arbeitslose, frustrierte Jugendliche aus der Pariser Vorstadt führen akribisch geplante Anschläge auf repräsentative Ziele durch und verstecken sich danach in einem Nobelkaufhaus, um der Polizeisuche zu entgehen. Doch in der künstlichen Welt der teuren Dinge entgleitet den Kids die Kontrolle, die vermeintliche Heldentat mutiert zum Albtraum.
Dass die Kritik internationaler Zeitungen gemischt ausgefallen war, brachte Moderator Jörn Behr in der anschließenden Diskussionsrunde zur Sprache. Dafür hatte Regisseur und Drehbuchautor Bertrand Bonello angesichts der diffizilen Thematik Verständnis. Er betonte, dass die Idee für das Oeuvre bereits sechs Jahre alt sei, also lange vor den Terroranschlägen auf Charlie Hebdo und den Konzertsaal Bataclan 2015 bestanden habe. „Ich wollte an die Jugendlichen so nah wie möglich ran, ihre Lebensrealität so authentisch wie möglich wiedergeben“, erläuterte Bonello seine Beweggründe. Obwohl sich historische Vergleiche mit den Anschlägen der RAF als auch der IS unwillkürlich aufdrängen, wurde im Gespräch daraufhin gewiesen, dass die Jugendlichen weder politische noch religiöse Motive gehabt hätten. Dass der Wunsch emotional verwahrloster Mittelschicht-Kinder, „es denen mal zu zeigen“ ausreicht, um tödliche Anschläge durchzuführen, ist das eigentliche Verstörende an dem Werk. Wohl auch aus dem Grund wurde „Nocturama“ nicht zu den Filmfestspielen Cannes eingeladen. Die gesellschaftliche Brisanz des Streifens ist tatsächlich hoch: Was für eine Generation ohne Lebensperspektive wächst da heran? Was bedeutet das für die zukünftige Gesellschaft? Es waren wohl Fragen wie diese, die das Publikum beim Verlassen des Kinosaals beschäftigten, als es sich in das Getümmel der Premierenfeier stürzte. In Foyer und Bar wurde lebhaft weiterdiskutiert.
Oberbürgermeisterin Henriette Reker hatte in ihren Begrüßungsworten erklärt, dass es nachdenklich machende, berührende Filme sind, die die Anziehungskraft und Stärke des Filmfestivals ausmachen. (Selbst)ironischer Nachsatz: „Im legendär toleranten Köln“. Festivaldirektorin Dr. Martina Richter und Petra Müller, Geschäftsführerin der Film- und Medienstiftung NRW, gingen in ihren Reden eingangs auf die Namensänderung ein, die die gestiegene Größe und Bedeutung des Filmfestivals widerspiegelt. Sicherheitshalber stellte Moderator Behr klar: „FFC ist nicht der Frauen Fußball Club.“
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