Freitag, 6. Oktober: Es hat mittlerweile schon Tradition, dass die Preisträger des Film Festival Cologne, das früher unter dem Namen Cologne Conference firmierte, am Tag der Preisverleihung bei einem Werkstattgespräch ihre bisherige Karriere Revue passieren lassen. Nach einem, von einem professionellen Filmjournalisten durchgeführten, Gespräch auf der Bühne, stehen die FilmemacherInnen und SchauspielerInnen im Anschluss auch den Fragen aus dem Publikum Rede und Antwort. Die Gespräche begannen bereits am Mittag mit dem Regisseur Kevin Macdonald („Der letzte König von Schottland – In den Fängen der Macht“), der mit dem „phoenix Preis“ ausgezeichnet werden sollte, gefolgt von Margarethe von Trotta („Die abhandene Welt“), die am Abend den „TV Spielfilm-Preis“ erhielt. Das dritte Panel mit Frieder Schlaich und Irene von Alberti („Der lange Sommer der Theorie“) musste aus terminlichen Gründen entfallen, aber am späteren Nachmittag hatte man mit dem englischen Schauspieler Sean Bean („Der Herr der Ringe“-Trilogie) und der neuseeländischen Regisseurin Jane Campion („Das Piano“) noch zwei große Namen zum intimen Talk ins Filmforum am Dom geladen.
Der aus der Arbeiterstadt Sheffield in der Grafschaft South Yorkshire stammende Sean Bean, der zum 10. Preisträger des „Hollywood Report Awards“ auserkoren worden war, erzählte im Gespräch mit deren Mitarbeiter Scott Roxborough, dass er sich als Kind nicht in seinen wildesten Träumen ausgemalt hätte, dass er einmal Schauspieler werden würde. Er war in seiner Jugend eher der sportliche Typ, dessen künstlerische Ader sich lediglich in seiner Lust am Cartoons zeichnen und malen niederschlug, jedoch nicht am Interesse, eine Schauspielschule zu besuchen. Die Leidenschaft für die Bühne entbrannte bei Bean erst mit 17 oder 18 Jahren, als er schließlich doch einen Schauspielkurs belegte und sich dort aufgehoben und wohl fühlte. Nachdem er einige kleinere Fernsehrollen übernommen hatte, erlebte er seinen Durchbruch mit 27 Jahren, als er für Derek Jarman neben der Leinwanddebütantin Tilda Swinton in „Caravaggio“ vor der Kamera stand. „Das war ein Film, und es fühlte sich auch wirklich nach einem Film an. Es war irgendwie magisch, was Derek bei seiner Inszenierung vollbrachte, lebhaft, hemmungslos und wunderschön zur gleichen Zeit“, fasste der Darsteller seine ersten Leinwanderfahrungen zusammen. Nachdem er 1992 in „Die Stunde der Patrioten“ an der Seite von Harrison Ford einen exzellenten Gegenspieler dargestellt hatte und ihn am Ende des Films ein spektakulärer Filmtod ereilte, war Bean ein Stückweit auf bestimmte Rollentypen festgelegt. Den Schurken spielte er daraufhin beispielsweise auch im Bond-Film „GoldenEye“ oder in den Fantasyepen „Der Herr der Ringe“ oder „Game of Thrones“, wo indes feinere Nuancierungen hinzugekommen sind. Beans Leinwandtode sind aber mittlerweile so zahlreich geworden, dass es eine eigene Website darüber gibt.
Für das letzte Werkstattgespräch des Tages interviewte der ehemalige MTV-Moderator Steve Blame Jane Campion im Filmforum, die mit dem „Filmpreis Köln“ den Hauptpreis des Festivals zugesprochen bekam. Die Neuseeländerin erläuterte, dass sie sich als „semi-depressive Teenagerin“ schnell zur Welt der Künstler hingezogen fühlte und dort ihre wahre Bestimmung fand. Mit 24 Jahren habe sie erkannt, dass sie nichts zu verlieren habe und sich mit ihren Filmen einfach ausprobieren müsse. „Meine frühen Arbeiten waren ziemlich schlecht, aber man muss einfach weitermachen, dann wird man auch besser“, erzählte Campion mit einem Augenzwinkern. Die gemischten Reaktionen auf ihren ersten Kinolangfilm „Sweetie“ im Jahr 1989 hatten sie trotzdem dermaßen stark getroffen, dass sie ihren Beruf vermutlich danach direkt wieder an den Nagel gehängt hätte, wenn sie zu diesem Zeitpunkt nicht bereits an ihrem nächsten Film „Ein Engel an meiner Tafel“ gearbeitet hätte. Der wurde schließlich ungleich besser aufgenommen und brachte Campion dazu, sich in der Filmwelt aufgenommen zu fühlen. Obwohl sie selbst sogenannte Oscar-Filme nie besonders mochte, wurde ihr nächstes Projekt, „Das Piano“, zu genau solch einem Film. Für acht Oscars nominiert, erhielt der Film am Ende drei der Goldjungen, einen davon für Jane Campions bestes Original-Drehbuch. In Köln erinnerte sich die Filmemacherin, dass sie bereits während der Dreharbeiten anhand der ihr zur Verfügung stehenden hochkarätigen Schauspieler gemerkt habe, „dass ich mit dem Film auf der Karriereleiter aufsteige“. Ihr wichtigster Lehrer während des Drehs sei damals ihr Hauptdarsteller Harvey Keitel gewesen, der trotz seiner ungleich größeren Filmerfahrungen sicherstellte, dass „Das Piano“ am Ende kein Harvey-Keitel-, sondern ein Jane-Campion-Film werden würde.
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