Eigentlich hat Bochum Total keine Werbung nötig. Denn die beste Werbung produziert es selber. Immer wenn es Mitte Juli im „Großraum Bochum zu Verkehrsstörungen wegen einer Musikveranstaltung“ kommt, ist das Festival in der Mitte des Ruhrgebiets der Verursacher. So bekommt auch der verschnarchteste Ruhrie mit, dass die Zeit für die Fahrt in Richtung Bochum gekommen ist. Alleine bleibt man dort auf keinen Fall. Bis zu einer Million Besucher rund um das Bermudadreieck zählen die Organisatoren um Marcus Gloria (siehe Interview) mittlerweile.
Ein weiter Weg für ein Festival, das 1986 als private Initiative von zwei Studenten der Ruhr-Universität begann, aber ein geradliniger. Zum einen verzichtet man bis heute auf Eintrittsgelder, zum anderen ist man musikalisch äußerst stilsicher. Während beim Pfingst Open Air in Essen-Werden und beim Dortmunder Juicy Beats Sequencerspuren und Gitarrenriffs gleichberechtigt behandelt werden, müssen die Künstler bei Bochum Total immer noch selbst Hand an ihr Instrument legen. Was sie aber gerne tun. Aus über 1.300 Bewerbungen wählten die Veranstalter in Zusammenarbeit mit dem Bochumer Kulturbüro die Acts für die 70 freien Plätze in diesem Jahr aus. Stilistisch bewegt man sich bei Bochum Total in sicheren Gitarrengewässern. Manchmal sind sie etwas seichter, manchmal geht es härter zur Sache, aber niemals so, dass das Trommelfell über Gebühr strapaziert wird. Und auch mit Genre-Grenzen nimmt man es in Bochum ein wenig lockerer. Hier teilen sich Ska-Bands, deutschsprachige Jazz-Terzette und gniedelnde Stoner Rock-Musiker eine Bühne und niemanden stört‘s.
Vielleicht ist die Paarung von Vielfalt mit einem guten Näschen für den Geschmack eines breiten Publikums der Grund, warum das Festival sich einen Ruf als Nachwuchsschmiede erarbeitet hat. Die deutschsprachige Popmusik der Nullerjahre – egal ob Wir sind Helden oder Seeed – war jedenfalls immer schon bei Bochum Total zu Gast, bevor sie auf größere Bühnen weitergezogen ist. Und auch dieses Jahr lohnt es sich wieder, nach vielversprechenden Nachwuchs- Acts Ausschau zu halten (siehe Redaktions- Tipps). Selbstverständlich hat das alles einen Preis. Das Budget ist klein, der Lohn gering und im immer härter werdenden Wettbewerb, wer denn die großen Namen auf seine Bühne lockt, kann das Festival nicht mithalten. Dafür kann man über die gleichen Acts sagen „Hab ich damals schon bei Bochum Total gesehen.“
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