Globalisierung hat es doch schon immer gegeben. Begann sie mit den ersten Wanderungen der Menschen, dem Tausch erster Güter, aus Neugierde oder Machtdrang, in der Not oder der Muße? All das spielte sicher eine Rolle. Sollten wir da nicht längst gelernt haben, mit der Globalisierung gelassen umzugehen? Moderne Medien und Mobilität steigern Tempo und Komplexität. Aber in der Sache hat sich soviel nicht geändert. Seit jeher bewegen sich Menschen um die Welt und mit ihnen Kulturen, Gene, Wissen, Werte und Konflikte. Seit jeher gehen Gesellschaften damit um. Aber von Gelassenheit kann bis heute kaum die Rede sein. Globalisierung muss herhalten gleichermaßen, wenn es gilt, eine ungerechte Wirtschaft anzuklagen oder die Geltung universaler Menschenrechte anzumahnen. Was auch zeigt, warum es mitunter unfassbar schwer ist, gelassen zu bleiben: Es steht zu viel auf dem Spiel.
Die eigentlichen Gesichter der Globalisierung sind indes nicht Wissen oder Werte, es sind die Menschen, im Zuge der neuen Völkerwanderung besonders die jungen Menschen. An sie werden größte Hoffungen geknüpft: dass sie mit Überweisungen in Milliardenhöhe das Leben in ihren Herkunftsländern verbessern, den Fachkräftemangel und die Überalterung in den Zielländern beenden helfen, Wissen, Wirtschaft und Kultur hier wie dort bereichern. Diese jungen Menschen sind vielfach traumatisiert von Gewalt und Flucht und sehen sich nun mit einer Verantwortung beladen, die übermächtig scheinen kann.
Auch uns, die wir schon lange hier leben, verlangt das einiges ab. Es gibt Ängste, die sich mit MigrantInnen vor allem aus dem arabischen Raum verbinden, vor Machokulturen, DemokratiefeindInnen und TerroristInnen. Es gibt auch viele Deutsche, die sich für Probleme und Vergehen erst dann zu interessieren scheinen, wenn sie von Flüchtlingen oder MigrantInnen ausgehen – als sei Unrecht hinzunehmen oder weniger schwerwiegend, wenn es von denen begangen wird, die zu den angeblichen eigentlichen Deutschen zählen, den Biodeutschen oder welche kruden Namen für diese kruden Vorstellungen auch immer gewählt werden.
Tatsächlich sehen wir uns auch im Gefolge der Migration frauenfeindlichem Verhalten gegenüber, Gruppenvergewaltigungen, organisierter Kriminalität und Terroranschlägen. Es sind Taten und Gefahren, die wir, Rechtsstaat und Gesellschaft, natürlich nicht hinnehmen. Sie rechtfertigen aber keinen Generalverdacht, mögen manche Stimmen noch so hartnäckig auf solche Ressentiments drängen.
Wollen wir Missverständnisse aufklären und Feindseligkeiten entgegentreten, dann sind wir gut beraten, darüber zu sprechen, was Migration an Chancen und Risiken mit sich bringt – miteinander, nicht bloß übereinander. In unserem Monatsthema JUNGE MIGRATION versuchen wir das und fragen, was sie bedeutet für Wohlstand, Sicherheit und Freiheit.
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