Dienstag, 5. November: Zum mittlerweile neunten Mal fand die Verleihung der Kinoprogrammpreise NRW im Kölner Gloria-Theater statt, wo sich die Betreiber der 65 herausragendsten Kinos des Bundeslandes versammelt hatten, um die von der Film- und Medienstiftung NRW ausgelobten Prämien aus den Händen prominenter Paten in Empfang zu nehmen. Denn es ist ebenfalls bereits eine liebgewonnene Tradition, dass der Abend dieser Ehrungen auch dazu genutzt wird, um auf neue Kinoproduktionen aufmerksam zu machen, die mit NRW-Unterstützung, und auch teilweise hier vor Ort, gedreht wurden. Nach Trailer-Einspielungen der Filme stellten sich einige der Beteiligten den Fragen des diesjährigen Moderators Jasin Challah, der auf launige und mitunter recht improvisiert wirkende Weise durch den Abend führte. Musikalisch unterstützt wurde der griechischstämmige Schauspieler und Regisseur („Andere Eltern“) von der Folkgruppe Rembetiko, getreu nach Challahs Motto „Ein Grieche kommt selten allein…“ Petra Müller, die Geschäftsführerin der Film- und Medienstiftung NRW, hatte Challah bei einem Setbesuch von „Andere Eltern“ kennengelernt und vom Fleck weg für die Moderation des Abends engagiert.
Bevor schließlich die NRW-Kinobetreiber im Mittelpunkt standen, zog man die Verleihung des Herbert-Strate-Preises für herausragende Verdienste um Film und Kino an den Schauspieler Mario Adorf vor, die bislang stets als Höhepunkt den Ausklang der Kinoprogrammpreisverleihungen bildete. Auf die 89jährige Kinolegende hielt seine Kollegin und Freundin Sunnyi Melles eine berührende Laudatio. „Je mehr Gedanken ich mir über ihn mache, desto seelenverwandter wird er mir. Durch sein Agieren und Reagieren werden alle seine Leinwandpartner an seiner Seite noch besser – das liegt an seinem Einfühlungsvermögen und seinem Eros, denn Mario Adorf ist auch sehr sexy“, würdigte Melles den Geehrten, bevor sie a cappella „L’important c’est la rose“ anstimmte und Adorf eine weiße Rose überreichte. Der Herbert-Strate-Preisträger war gerührt angesichts dieser „unglaublichen Laudatio“ und wünschte sich in seiner Dankesrede, dass wieder mehr junge Leute den Weg ins Kino finden – und die Gewaltbereitschaft unter ihnen wieder zurückgehe, die sich in Attentaten und Morddrohungen gegen Politiker derzeit auf unschöne Weise manifestiere. Diese Woche startet mit „Es hätte schlimmer kommen können – Mario Adorf“ eine Dokumentation von Dominik Wessely in den Kinos. Der Regisseur erzählte im Gloria, dass ihn der Kölner Produzent Herbert Schwering mit Adorf bekannt gemacht habe. Nachdem er die Bühnenshow des Schauspielers gesehen hatte, in der dieser sein Publikum mit Geschichten aus seinem Leben begeisterte, reifte in Wessely der Plan, diese Geschichten in einer Kinodokumentation festzuhalten.
Von den prominenten Preispaten des Abends erregte schon bei seiner Ankunft am Gloria Schauspieler Henning Baum die größte Aufmerksamkeit. Der Star der Serie „Der letzte Bulle“, dessen Kinoableger ebenfalls in dieser Woche anläuft, fuhr gemeinsam mit seiner Leinwandpartnerin Leonie Brill stilecht im grünen Opel-Diplomat B (Baujahr 1977) vor und verursachte in der Apostelnstraße aufgrund des Blitzlichtgewitters der Fotografen einen großen Rückstau. Sein Regisseur Peter Thorwarth („Bang Boom Bang“) erzählte später, dass mit dieser Verfilmung eine große Verantwortung einhergegangen sei, weil „die Serie eine Riesen-Fangemeinde hinter sich hat“. Gleichwohl habe er versucht, einen Film zu inszenieren, der sowohl die Anhänger der Serienvorlage begeistert als auch von Menschen genossen werden kann, die diese noch gar nicht kennen. Drei Kinos schafften es in diesem Jahr bei der Verleihung der Kinoprogrammpreise, eine der Spitzenprämien bis 17.000 Euro zu ergattern. In dieser Kategorie wurden geehrt: Serbay Demir und Patrick Ritter für das „Endstation Kino“ in Bochum, Sigrid Limprecht und Ulli Klinkertz für das „Kino in der Brotfabrik“ in Bonn sowie Joachim Kühn und Dirk Steinkühler für die „Filmpalette“ in Köln.
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