Freitag, 14. Oktober: Seit 22 Jahren wird mit Edimotion, dem Festival für Filmschnitt und Montagekunst, der Fokus auf die ansonsten wenig beachtete Kunst des Bild- und Tonschnitts bei Spiel- und Dokumentarfilmen gerichtet. In fundierten Panels diskutiert man mit preisgekrönten und nominierten Editor:innen über ihre Arbeit, bevor am vierten Festivaltag die besten des aktuellen Jahrgangs mit dem Schnitt-Preis ausgezeichnet werden. Einer dieser mittlerweile auch international sehr gefragten Preise geht dabei auch immer an eine gestandene Branchengröße, die damit für ihr Lebenswerk geehrt wird – mit dem Ehrenpreis Schnitt. In diesem Jahr fiel die Wahl zum ersten Mal auf eine Schweizer Editorin, Fee Liechti Seigner. Ihrem Schaffen war der Eröffnungsabend gewidmet, an dem der 1993 von Liechti geschnittene Hybridfilm „Der Kongress der Pinguine“ von Hans-Ulrich Schlumpf zur Projektion gelangte. Der Regisseur selbst hielt die Laudatio auf seine langjährige berufliche Weggefährtin, die er in Anlehnung an ihren Namen liebevoll mit „Lichtfee“ titulierte. „Ich war immer der Meinung, dass du die beste Schnittmeisterin unseres Landes bist,“ lobte der Filmemacher die Ehrenpreisträgerin vor der Filmprojektion. Liechti sei ihm Sparring-Partnerin gewesen, mit der zusammen er geschlagene neun Monate am Schnitt von „Der Kongress der Pinguine“ gearbeitet habe, bis dieser seine finale Form gefunden habe.
Schwierige Produktionsbedingungen
Seit 1978 und dem Film „Kleine Freiheit“ haben Schlumpf und Liechti zusammengearbeitet, und der Regisseur merkte in Köln an, dass diese erste Zusammenarbeit für ihn den Eintritt in die professionelle Filmwelt nach künstlerischen und ökonomischen Faktoren bedeutet habe. Beim Filmgespräch mit der künstlerischen Leiterin des Festivals, Kyra Scheurer, erläuterte Fee Liechti Seigner, dass es während der Dreharbeiten in der Antarktis 1993 nicht möglich gewesen wäre, Muster zu sichten, sondern dass man sich vielmehr darum bemühte, das Gedrehte bis zur Rückkehr nach Europa schlichtweg in Takt zu halten. Die Rohmontage fertigte sie auf einem Hi8-Gerät, auf einem 35mm-Schneidetisch habe sie dann den Film mit Ton zu Ende montiert. Der vom Literaten Franz Hohler („Die Rückeroberung“) verfasste Erzähltext, der den Film zu einer Mischform aus Dokumentar- und fiktionalem Film macht, wurde zunächst provisorisch für die Montage aufgenommen. Hans-Ulrich Schlumpf ergänzte: „Hohler bekam von mir immer wieder VHS-Cassetten mit dem Rohschnitt und hat in Überarbeitungen seines Textes dann auf Details der konkreten Aufnahmen reagiert, die das Ganze mit dem Bezug zum Gezeigten dann lebendiger gemacht haben.“ Bei der Sichtung des Rohmaterials wurde allerdings offensichtlich, dass wichtige Pinguinszenen für den Erzählfluss fehlten. Deswegen engagierte Schlumpf einen Biologiestudenten, der zum Vogelzählen in die Antarktis aufbrechen sollte, und bat diesen, nach einem einwöchigen Crashkurs zum Kameramann in Zürich, die Crew bei seinem anderthalbjährigen Aufenthalt am Südpol mit dem benötigten Filmmaterial zu versorgen. Luc Jacquet meisterte seine Aufgabe vorbildlich, „lieferte großartige Bilder“ und blieb den Pinguinen auch bei seinen folgenden Filmen als Regisseur treu – für „Die Reise der Pinguine“ konnte er 2006 sogar den Oscar für den besten Dokumentarfilm in Empfang nehmen.
Meisterin des Hybriden
Für gemischte Reaktionen beim Publikum hatte seinerzeit insbesondere eine Sequenz in „Der Kongress der Pinguine“ gesorgt, in der historische Aufnahmen der industriellen Waltötung aus dem Jahr 1930 mit einem neuen Erzähltext im Wochenschaustil unterlegt wurden. Schlumpf wunderte sich, dass einige die Ironie der Szene trotz zahlreicher Übertreibungen nicht erkannt hätten, und Fee Liechti Seigner merkte an, dass sie diese Szene heute aufgrund ihrer Rezeptionserfahrungen nicht noch einmal so machen würde. Für die weitere Diskussion zeigte man am Abend auch Ausschnitte aus dem gemeinsamen Schlumpf-Liechti-Projekt „TransAtlantique“, ebenfalls ein Hybridfilm, der eine Liebesgeschichte an Bord eines Kreuzfahrtschiffes erzählt und diese mit dokumentarischen Aufnahmen von den Abläufen an Deck unterfüttert. Ihre Arbeitsweise für diesen Film fasste Liechti so zusammen: „Die dokumentarischen Aufnahmen standen nicht im Drehbuch. Ich musste aus dem vorhandenen Material in Kombination mit den Spielszenen dann versuchen, eine schlüssige Geschichte zu montieren. Das Konzept musste dem Material angepasst werden.“ Zum Abschluss gab die Ehrenpreisträgerin Schnitt dem Nachwuchs noch einen Tipp mit auf den Weg, der aus ihren Erfahrungen mit dem Analogschnitt herrührt, die aktuelle Editor:innen kaum mehr machen: „Um den Rhythmus eines Films zu finden ist es nötig, das Material in seiner Gänze durchzuschauen, was heute, im Digitalzeitalter kaum mehr jemand macht, zumal man dazu kaum mehr die Zeit hat.“ Nach den vier vollgepackten Edimotion-Festivaltagen findet am Montagabend, dem 17.Oktober, ab 20 Uhr, ebenfalls im Filmforum im Museum Ludwig, die diesjährige Verleihung der Schnittpreise statt.
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