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Nessi Tausendschön und William Mackenzie
Foto: Uwe Würzburger

Liebe ist die beste Krankheit

29. Oktober 2015

Tausendschön/Mackenzie stecken „knietief im Paradies“ – Komikzentrum 11/15

Sie steht „Knietief im Paradies“: Nessi Tausendschön lustwandelt in ihrem neuen Programm im Garten Eden – und siehe da, dort lässt es sich leben. Google-Suchergebnisse erscheinen zwei bis drei Stunden nach der Eingabe und statt Instagram werden Wandbehänge bestickt. Noch besser: Verursacher von Shitstorms werden öffentlich gegeißelt und es gibt auch eine Partei namens Humida: „Keiner weiß, ob das von Feuchtigkeit, Humus oder Humanismus abgeleitet ist.“ Alle sind krank vor Liebe, „das ist die beste Krankheit, die es gibt, da müssen nämlich immer gleich zwei ins Bett“.

Dabei sind es nicht zuletzt die von William Mackenzie den diversen Instrumenten (wie etwa der Gitarre, einer Ukulele – die auch Frau Tausendschön beherrscht, neben der singenden Stahl-Säge – einer Slide-Gitarre, am Theremin, ein 1920 erfundenes elektronisches Musikinstrument und dem Omnichord, ein in den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts eingeführtes Tasteninstrument) entlockten Klänge, die die stimmliche Bandbreite der Musik-Kabarettistin zum Leuchten bringen. Die Kompositionen des kanadischen Musikers mit der stoischen Miene sind es, die den Weg ins Paradies weisen. – Inklusive diverser Ausflüge in die verquere Gegenwart, in der sich Tausendschön umtut und dort die seltsamsten Entdeckungen macht.

Eigentlich habe sie ja Ärztin werden wollen. Ihre Welt waren Operationen, Blut und Skalpelle, erinnert sie sich an ihre Kindheit. „Lustig sein vor fremden Menschen! Nein!“, das wollte sie auf gar keinen Fall. Viel zu peinlich. Die Operationen, die sie inzwischen an fremden Herzen ausführt, bringen deren Inhaber regelmäßig in Wallung, das Blut zirkuliert schneller und effektiver, so man ihrer Stimme lauscht, die von den Gehörgängen bis ins Innerste vordringt. Ein Erlebnis, das lange nachhallt. Frau Tausendschön hat sich umgesehen in der Welt der Erwachsenen, die als Helikopter-Eltern ihre Kinder umschwirren und aus dem Nachwuchs eine Schar sich selbst hoffnungslos überschätzender Menschen macht.

Das ganze Leben sei eine Castingshow: Überall werde ausgesiebt. Das fange mit der Zeugung an. Nur ein Sperma schaffe es. Das sei der Siegersamen. Ein ermutigender Gedanke. Immerhin habe man sich aus einem solchen entwickelt. Man stelle sich morgens mit zerknittertem Gesicht vor den Spiegel und muntere sich auf: „Du bist super, ja, du bist ein Sieger, ein Supersieger.“ Danach kann der kommende Tag einem nichts mehr Schlimmes anhaben. Mindestens ebenso effektiv ist ihre Methode, mit den Sollbruchstellen der kapitalistischen Markt-Gepflogenheiten umzugehen, also den eingebauten Schwachstellen in Geräten, die immer dann kaputtgehen, wenn die Garantie abgelaufen ist.

Welche Frau würde widersprechen, wenn Frau Tausendschön behauptet, speziell bei der Herstellung von Männern wäre mit „geplanter Obsoleszenz“ gearbeitet worden. Testen ließe sich der Bestand einer Beziehung hervorragend beim gemeinsamen Autofahren. Wie das funktioniert? Schauen Sie sich das neue Programm von Tausendschön/Mackenzie an: am 31.10. und 1.11. in der Kölner Comedia, am 14.11. im Bonner Haus der Springmaus und am 28.11. im Kölner Senftöpfchen-Theater. Hier werden Sie geholfen. Schwört wie immer hoch und heilig die Ihnen sehr ergebene

Anne Nüme

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