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Ilonas Pászthys "Winterlandschaft mit Nescafé #2"
Foto: Meyer Originals

Nackt und mächtig

27. Juni 2011

Ambitionierte Tanzperformance von Ilona Pászthy - Tanz in NRW 07/11

Geheimnisvoll wirkt der große schwarze Würfel, dessen Außenhaut glänzt, als sei sie lackiert. Das Publikum spiegelt sich in seiner Oberfläche, und es wird noch manches Mal auf sich zurückverwiesen während der Tanz-Performance von Ilona Pászthy, die den rätselhaft beiläufigen Titel „Winterlandschaft mit Nescafé #2“ trägt und jetzt Premiere in der im Süden von Köln gelegenen Wachsfabrik hatte.

Mit einem Fingerschnippen ändert sich das Licht, und nun kann man doch ins Innere des Würfels schauen, wo sich die Choreographin aus einem Berg von Kleidern schält. Es braucht nicht lange, dann steht sie ohne einen Faden am Leib vor ihrem Publikum. Das geht schnell, ebenso schnell, wie sie uns Kindheitserinnerungen vom Muttermal der Großmutter erzählt oder uns wissen lässt, welche Speisen sie mag, und welche sie verabscheut. Diese abrupte Übernähe, die dem Publikum aufgedrängt wird, besitzt System. Abgedrängt in die Rolle des Voyeurs, der Intimität vorgesetzt bekommt, ob er will oder nicht, verflüchtigt sich jeder Gedanke an die Macht des Beobachters. Die Macht besitzt hier die junge Frau, die sich ausstellt, wie es ihr passt. Ilona Pászthy kehrt die Rollen der Macht um, indem sie den Blick umkehrt. Sie verweigert ihm die Distanz, die das Rückgrat der Macht darstellt. Ohne den Luxus des komfortablen Abstands, wechseln die Positionen, nun beherrscht das Objekt den Betrachter.

Überaus aktuell ist dieser Blick auf den Terror der Intimität, von dessen Macht die Facebook-Gemeinde schon heute einen Geschmack bekommt. In Zukunft werden wir den Plagen der banalen Privatheit, die schon jetzt inflationär ausgestreut werden, über dem Gebrauch der digitalen Medien möglicherweise in einem noch ganz anderen Maße ausgesetzt sein. Quälend wird Intimität eben immer dann, wenn sie bedeutungslos ist. Diese kleine, pointierte Inszenierung, in der die ehrgeizigen inhaltlichen Ambitionen von Ilona Pászthy in den Aktionen auf der Bühne ihre Form finden, erzeugt eine beklemmende Atmosphäre. Eine konsequente Arbeit ist ihr gelungen, die intensiv nachwirkt.

Thomas Linden

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