Frau Herr, schaffen die aktuellen Gesetze bei Lebensmitteln Klarheit für die Verbraucher?
Sophie Herr: Lediglich 40 Prozent der Verbraucher finden die Angaben auf Lebensmittelverpackungen verständlich. Das zeigt eine begleitende Untersuchung zum Projekt Lebensmittelklarheit. Neben dem Verständnis- gibt es ein Vertrauensproblem am Lebensmittelmarkt, das dringend gelöst werden muss. Denn selbst wenn Name, Aufmachung und Kennzeichnung von Lebensmitteln den geltenden Gesetzen entsprechen, wecken sie bei Verbrauchern Erwartungen, die das Produkt oft nicht erfüllt.
Welche wichtigen verbraucherpolitischen Fragen erwarten Sie in der nächsten Legislatur?
Foto: privat
Wir erwarten von der Politik eine Reaktion auf die verstärkte Nachfrage nach regionalen Produkten und Produkten aus tiergerechter Haltung: Wir fordern einheitliche und gesetzlich verbindliche Labels, die Transparenz beim Einkauf ermöglichen und so Vertrauen schaffen. Auch eine leicht verständliche Nährwertkennzeichnung wie die Nährwertampel muss weiter vorangetrieben werden. Darüber hinaus sollten Verbraucher wissen, wie es um die Hygiene bei der Lebensmittelherstellung oder in der Gastronomie bestellt ist. Transparenzsysteme wie das Hygienebarometer oder der Gastro-Smiley sind wichtig.
Wie steht es z. B. um die Kennzeichnungspflicht für Fleisch und Fleischerzeugnisse?
Derzeit muss lediglich bei Rindfleisch das Land der Geburt, Mast, Schlachtung und Zerlegung angegeben sein, eine Konsequenz der BSE-Krise. Sobald das Fleisch bearbeitet ist, und da genügt, dass es gesalzen wird, entfällt diese Pflicht. Ab Ende 2014 wird die Herkunftskennzeichnung auch bei Schwein, Schaf, Ziege und Geflügel verpflichtend. Bei verarbeiteten Produkten, die Fleisch als Zutat enthalten, wie Lasagne oder Fleischsalat, muss die Herkunft dagegen nicht gekennzeichnet werden.
Warum hat die Politik hier bisher nicht für Klarheit gesorgt?
Die Debatte um die Herkunftskennzeichnung von Fleisch als Zutat hat im Zuge des Pferdefleischskandals an Fahrt aufgenommen. Obwohl eine solche Kennzeichnung den Betrug, Rindfleisch durch Pferdefleisch zu ersetzen, nicht hätte verhindern können, ist sie wichtig. Denn Fleisch ist ein besonders sensibles Produkt und Verbraucher möchten wissen, woher die Produkte kommen. Ein Bericht der Europäischen Kommission hierzu wird im Herbst dieses Jahres erwartet.
Welche Chancen sehen Sie für Reformen in den nächsten Jahren?
Die Lebensmittelinformationsverordnung, die auf europäischer Ebene die Kennzeichnung von Lebensmitteln einheitlich für alle Mitgliedsstaaten regelt, ist an vielen Stellen ein guter Ausgangspunkt. Ihre Inhalte werden in den kommenden Jahren auf nationaler Ebene umgesetzt. Gleichzeitig sollten verschiedene Bereiche konkretisiert und nachgebessert werden. Allerdings erhoffe ich mir auch von Seiten der Lebensmittelwirtschaft eine wachsende Dialogbereitschaft, wenn es darum geht, gemeinsam eine verbraucherfreundliche Kennzeichnung von Lebensmitteln voranzutreiben.
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Wie weiter in Köln?
Kommunalwahl 2020<br>Kölner Politiker*innen und OB-Kandidat*innen antworten auf choices-Fragen
Ihr entscheidet!
Die Kommunalwahlen 2020 in Köln
Das Kreuz mit dem Kreuz
„Big Data“ und die freie Entscheidung der WählerInnen – THEMA 09/13 WELCHE WAHL
Leider verwählt ...
Über Talkshows, Hütchenspiele und frisch gepresste Thronfolger – Thema 09/13 Welche Wahl
„Die Diskussion steht mir bis hier“
Im exklusiven choices-Sommerinterview spricht die fast originale Angela Merkel über heikle Themen – Thema 09/13 Welche Wahl
„Energiewende in Gefahr“
Tobias Austrup über den Sinneswandel von Schwarz-Gelb – Thema 09/13 Welche Wahl
Schlechte Gesellschaft
Christoph Butterwegge über Politik und Entpolitisierung – Thema 09/13 Welche Wahl
„Die Grenze zwischen legitim und korrupt ist fließend“
Marion Stein von Transparency International über Korruption – Thema 09/13 Welche Wahl
„Jedes Land macht sein eigenes Europa“
„Kursbuch“-Herausgeber Armin Nassehi über die europäische Öffentlichkeit – Thema 09/13 Welche Wahl
„Kommunale Nöte“
Dr. Gerd Landsberg über Finanzen und Investitionsstaus – Thema 09/13 Welche Wahl
„Politik darf nicht käuflich sein“
Timo Lange über die Grenzen der politischen Einflussnahme – Thema 09/13 Welche Wahl
Gegen welche Regel?
Intro – Flucht und Segen
Rassismus kostet Wohlstand
Teil 1: Leitartikel – Die Bundesrepublik braucht mehr statt weniger Zuwanderung
„Ein Überbietungswettbewerb zwischen den EU-Staaten“
Teil 1: Interview – Migrationsforscherin Leonie Jantzer über Migration, Flucht und die EU-Asylreform
Ein neues Leben aufbauen
Teil 1: Lokale Initiativen – Der Verein Mosaik Köln Mülheim e.V. arbeitet mit und für Geflüchtete
Schulenbremse
Teil 2: Leitartikel – Was die Krise des Bildungssystems mit Migration zu tun hat
„Die Kategorie Migrationshintergrund hat Macht“
Teil 2: Interview – Migrationsforscher Simon Moses Schleimer über gesellschaftliche Integration in der Schule
Bildung für Benachteiligte
Teil 2: Lokale Initiativen – Der Verein für multikulturelle Kinder- und Jugendhilfe in Bochum
Zum Schlafen und Essen verdammt
Teil 3: Leitartikel – Deutschlands restriktiver Umgang mit ausländischen Arbeitskräften schadet dem Land
„Es braucht Kümmerer-Strukturen auf kommunaler Ebene“
Teil 3: Interview – Soziologe Michael Sauer über Migration und Arbeitsmarktpolitik
Ankommen auch im Beruf
Teil 3: Lokale Initiativen – Bildungsangebote für Geflüchtete und Zugewanderte bei der GESA
Das Recht jedes Menschen
Die Flüchtlings-NGO Aditus Foundation auf Malta – Europa-Vorbild Malta
German Obstacle
Hindernislauf zur deutschen Staatsbürgerschaft – Glosse
Weihnachtswarnung
Intro – Erinnerte Zukunft
Aus Alt mach Neu
Teil 1: Leitartikel – (Pop-)Kultur als Spiel mit Vergangenheit und Gegenwart