Wer in Odonien feiert, der bekennt sich damit zur freien Kunst. KLAENG, das sagenhafte Klangkollektiv der freien Kölner Jazzszene, feiert jetzt zum zweiten Mal in diesem Kunstdschungel in Kölns beliebter Bordellstraße, die den witzigen Namen Hornstraße trägt. Ganz so abwegig ist diese Adresse übrigens nicht, weil Freunde des Horizontalgewerbes in der Vergangenheit heiß begehrte Treffen zwischen erotischer Bühnenshow und hitzigem Jazz inszenierten – selbst die Musikbeamten der WDR Big Band wurden bereits in diesem Veranstaltungszirkel beobachtet. Hier ergoss sich ein wahrlich prall gefülltes Wunderhorn nicht nur musikalisch – auch die Getränke waren inklusive.
Nicht so in Odonien, dem von der Stadt mehrfach bekämpften und bedrängten Kunsthort, der wegen fehlender Fluchtwege und Brandschutzauflagen eigentlich schon nicht mehr existieren dürfte und wo das Public Viewing zur Weltmeisterschaft noch Rudelgucken heißt. Aber die Kunst und seine Streiter sind manchmal nicht unterzukriegen.
Das ist unser Thema auch bei KLAENG, die ihrem konzertant verbundenen Kollektiv nun noch eine weitere Musiker-Emanzipationswaffe hinzugefügt haben: Es erschienen die ersten drei CD-Produktionen aus dem erlesenen Kreis der Jazzjünger auf dem eigenen brandneuen Label. Was diese junge künstlerische Freiheit dabei hervorgebracht hat, besitzt radikalen Tiefgang. „Tiefgang“ heißt denn auch der erste Schritt auf den Tonträger, ein Album des Bassisten Robert Landfermann, der sein ganzes Kollektiv und Gäste miteinbezieht. Dunkel ist die Grundstimmung dieser atmosphärischen Klangbilder mit reichlich Bassgebläse aus der Holzabteilung und dem ostinaten Sägeton des Kontrabasses. Die CD trägt so reichlich Herbststimmung, dass sie eigentlich einen Beipackzettel für Depressive benötigt. Wer Schönheit und Besonnenheit in tiefem Schwarz sucht, ist hier gut aufgehoben. Probehören vor dem Kauf ist bei dieser experimentellen Musik obligatorisch.
So auch bei einer weiteren bassigen Veröffentlichung von vier Kontrabassisten unter dem Titel BASZ, die ihren Instrumenten intensiv auf den Korpus rücken. Hier wird so ekstatisch gefiddelt und geschrammelt, dass man eine Empfehlung aussprechen darf: nur für Bass-affine Extremhörer.
Die CD „11 Famous Songs Tenderly Messed Up“ stammt vom Gitarristen Tobias Hoffmann, der Werke von Jazzgrößen wie Gershwin, Mingus, Miles oder Shorter aufmischt oder besser gesagt entkernt. Shorters „Iris“ swingt recht einsam und alleingelassen auf der Banjosaite, während Songs von Hendrix oder der berühmte „Albatross“ von Peter Green mit grotesk verzerrten Sounds zur Landung in einer neuen, etwas traurigen Gestalt ansetzen. Wer das kompromisslos Besondere liebt, sollte sich sowohl über das Fest als auch über das neue Label schlau machen.
SummerKLAENG 2014 | So 6.7. 12-24 Uhr | Odonien, Hornstraße 85 | klaengkollektiv.de
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