Kennen Sie das auch? Man sitzt in einer Gastwirtschaft und bekommt bei seiner Bestellung den Überdruss und die Ungeduld der Kellnerin mit voller Breitseite zu spüren. Die Gäste scheinen der Bedienung nur noch auf den Senkel zu gehen. Das ist der emotionale Horizont, auf dem die Rabtaldirndl ihrem Publikum begegnen. Niemand traut sich zu kuschen, wenn die fünf Damen aus ihrer Heimat, der Oststeiermark, erzählen. Das NRW Theaterfestival Impulse wollte die Rabtaldirndl mit ihrer Theaterperformance „Aufplatzen“ im Kreis der besten freien Gruppen im deutschsprachigen Raum unbedingt im Angebot haben.
So bauten sie in der Kölner Studiobühne ihre Gartenwirtschaft mit Stühlen, Tischen und traditionellen Deckchen auf. Es gab leckeren selbstgebrannten Pflaumenschnaps, Mettwurst und frisch geraspelten Kren. Echt gastfreundlich, nur der Umgangston bleibt harsch. Eine leise Verunsicherung angesichts des ambivalenten Umgangs mit Nähe und Distanz mochte sich nie legen, während die fünf jungen Frauen aus dem Rabtal plauderten. Einen Schießstand haben sie auf ihrem Grundstück und wenn sie für Momente die Aggression überkommt, töten sie auch schon einmal einen Hasen mit bloßen Händen. Immer sieht man sie auf den projizierten Fotos im Dirndl. Jede Menge Komik schleicht sich in die Beschreibungen österreichischen Alltagslebens ein. Aber Schenkelklopfen ist nicht, ebenso wenig, wie jener fröhliche Zynismus, mit dem man der engen Heimat im Tal leicht das Fell über die Ohren ziehen könnte.
Erst der harsche Ernst gibt dem Spektakel seine rechte Grundierung. Denn hier ist in keinem Moment zu entscheiden, ob die Geschichten von der gemeinsamen Gastwirtschaft oder den Beziehungen im Dorf Realität oder Erfindung sind. Das ist kein Kabarett, sondern eine Performance, wo alles möglich ist, auch die großzügige Bewirtung, wobei die fünf Damen nicht vergessen, ihr Publikum letztlich auch wieder aus dem Saal zu schmeißen.
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