Kinokalender
Mo Di Mi Do Fr Sa So
16 17 18 19 20 21 22
23 24 25 26 27 28 29

12.581 Beiträge zu
3.811 Filmen im Forum

Kaberettist und Autor Robert Griess
Foto: Presse

Stadt mit K’s

26. Oktober 2016

Kabarettist Robert Griess rechnet mit Klüngel, Kölsch und Karneval ab – Literatur 10/16

„Liebe Kölner“, begrüßt der ortsansässige Autor seine Leser auf Seite eins des kürzlich erschienenen satirischen Domstadt-Reiseführers. Eine Stärke des Rheinländers sei, dass er über sich selbst lachen könne. Wer das nicht möge, solle das aufgeschlagene Buch besser gleich wieder zuklappen. „Sorry, Fehlkauf bzw. falsches Geschenk. Tschö mit ö!“, schreibt Griess. Allen anderen wünsche er aber viel Vergnügen. Dass der Begriff des Rheinländers bundesweit als Begriff des Kölners verstanden werde, führt der Organisator des für seinen Jahresrückblick berüchtigten Schlachtplatte-Ensembles etwas später aus. Im Laufe seiner humorvollen Abrechnung macht er auch deutlich, dass jeder Mensch mit richtiger Einstellung durchaus zum Kölner werden könne.

Der Erlanger Michael Müller Verlag hat durch zahlreiche Reise- und Wanderführer bereits vielen Suchenden unterstützende Orientierungshilfen gegeben. Zumeist handelt es sich bei diesen allerdings um ernsthafte Wegbegleiter. Redakteur und Fernsehproduzent Christian Schultz, unter anderem schon für Künstler wie Ottfried Fischer und Florian Schroeder tätig, zeichnet als Herausgeber für den satirischen Teil des Verlagsportfolios verantwortlich; „Reise-“ oder „Handgepäck“ heißen die Veröffentlichungen. Kabarettisten nehmen ihre Stadt unter die Lupe, bleiben dabei politisch selbstredend nicht immer korrekt.

Naheliegend, dass auch Köln einen genaueren Blick wert ist. Die Stadt, die sich laut Klappentext durch drei große K’s auszeichnet – Klüngel, Kölsch und Karneval. Der Ort, der seinem Anfangsbuchstaben auch in den vom Autor empfohlenen Sehenswürdigkeiten alle Ehre macht – Kathedrale, Kneipe und Kiosk. Griess bezeichnet die Seele der „Provinzstadt, die sich für eine Weltmetropole hält“ liebevoll als „Abgrund“. Das ist liebevoll, weil er ergänzt: „Köln ist das Crystal Meth unter den Städten.“ Ein Abgrund also, in den viele Menschen gerne blicken und dann nicht mehr wegschauen können.

Erwähnte Formulierung weist darauf hin, dass Griess sich in seinem Handgepäck nicht verstellt. Der Autor gilt als kompromissloser Kabarettist, schrieb unter anderem auch schon Texte für Fernsehurgestein Käpt’n Blaubär und Unterhaltungspionier Didi Hallervorden. Seine berufliche Laufbahn spiegelt sich in seinen Ausführungen über die Domstadt wider. Für den Leser ist es leicht vorstellbar, wie Griess die Texte auf der Bühne vortragen würde – leidenschaftlich, mit einem lachenden und einem weinenden Auge, auf jeden Fall aber mit Augenzwinkern.

Natürlich gehört zur satirischen Annäherung an die Stadt, die medial oftmals unfreiwillig die Rolle des Witzbolds einnimmt, auch die Verwendung von Klischees. Durch sprachliche Klasse und eloquente Schilderung kann der künstlerische Leiter des Kölner Streithähne-Festivals seinen Ausführungen aber stets Frische verleihen.

Am stärksten ist Griess, wenn er ausschweift. So zieht der gebürtige Bonner, seit über drei Dekaden lebhaft in Köln, auf einer „Tour de Cologne“ durch seine Wahlheimat. „Wo ist Köln am kölschesten?“, fragt er sich. Er wird auf seinem Zug durch die Gemeinde zum Alt-, Innen-, Südstädter, zum Zollstocker, Klettenberger, Lindenthaler, zum Ehrenfelder, Nippeser, Schäl Sicker – und nie vergisst er, über sich selbst zu lachen.

Robert Griess: Köln – Satirisches Handgepäck | Michael Müller Verlag | 176 S. |
12,90 €

Lesung: Mi 26.10. 19 Uhr | Buchhandlung Ludwig (Hauptbahnhof) | 0221 126 01 07

Robert Griess: „Ich glaub es hackt“ | Di 8.11. 20.15 Uhr | Senftöpfchen | 0221 258 10 58

„Schlachtplatte – Die Jahresendabrechnung“ mit Robert Griess, Fatih Cevikkollu und Ape & Feuerstein | Sa 17.12. 20.15 Uhr, So 18.12. 19 Uhr | Senftöpfchen | 0221 258 10 58

Felix Tschon

Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.

Neue Kinofilme

Mufasa: Der König der Löwen

Lesen Sie dazu auch:

Der Traum vom Debütroman
„Vom Schreiben leben, vom Leben schreiben“ in Köln

Orte der Gastfreundschaft
„Living-Room“ auf der Poetica 10

Mord an der Moldau
„Die Schatten von Prag“ im Literaturhaus Köln

Doppelte Enthüllung
„Sputnik“ von Nikita Afanasjew – Literatur 12/24

Eine wahre Liebesgeschichte
Thomas Strässles „Fluchtnovelle“ – Textwelten 12/24

Übergänge leicht gemacht
„Tschüss und Kuss“ von Barbara Weber-Eisenmann – Vorlesung 11/24

Die zärtlichen Geister
„Wir Gespenster“ von Michael Kumpfmüller – Textwelten 11/24

Zurück zum Ursprung
„Indigene Menschen aus Nordamerika erzählen“ von Eldon Yellowhorn und Kathy Lowinger – Vorlesung 10/24

Eine Puppe auf Weltreise
„Post von Püppi – Eine Begegnung mit Franz Kafka“ von Bernadette Watts – Vorlesung 10/24

„Keine Angst vor einem Förderantrag!“
Gründungsmitglied André Patten über das zehnjährige Bestehen des Kölner Literaturvereins Land in Sicht – Interview 10/24

Risse in der Lüneburger Heide
„Von Norden rollt ein Donner“ von Markus Thielemann – Literatur 10/24

Frauen gegen Frauen
Maria Pourchets Roman „Alle außer dir“ – Textwelten 10/24

Literatur.

HINWEIS