„Liebe Kölner“, begrüßt der ortsansässige Autor seine Leser auf Seite eins des kürzlich erschienenen satirischen Domstadt-Reiseführers. Eine Stärke des Rheinländers sei, dass er über sich selbst lachen könne. Wer das nicht möge, solle das aufgeschlagene Buch besser gleich wieder zuklappen. „Sorry, Fehlkauf bzw. falsches Geschenk. Tschö mit ö!“, schreibt Griess. Allen anderen wünsche er aber viel Vergnügen. Dass der Begriff des Rheinländers bundesweit als Begriff des Kölners verstanden werde, führt der Organisator des für seinen Jahresrückblick berüchtigten Schlachtplatte-Ensembles etwas später aus. Im Laufe seiner humorvollen Abrechnung macht er auch deutlich, dass jeder Mensch mit richtiger Einstellung durchaus zum Kölner werden könne.
Der Erlanger Michael Müller Verlag hat durch zahlreiche Reise- und Wanderführer bereits vielen Suchenden unterstützende Orientierungshilfen gegeben. Zumeist handelt es sich bei diesen allerdings um ernsthafte Wegbegleiter. Redakteur und Fernsehproduzent Christian Schultz, unter anderem schon für Künstler wie Ottfried Fischer und Florian Schroeder tätig, zeichnet als Herausgeber für den satirischen Teil des Verlagsportfolios verantwortlich; „Reise-“ oder „Handgepäck“ heißen die Veröffentlichungen. Kabarettisten nehmen ihre Stadt unter die Lupe, bleiben dabei politisch selbstredend nicht immer korrekt.
Naheliegend, dass auch Köln einen genaueren Blick wert ist. Die Stadt, die sich laut Klappentext durch drei große K’s auszeichnet – Klüngel, Kölsch und Karneval. Der Ort, der seinem Anfangsbuchstaben auch in den vom Autor empfohlenen Sehenswürdigkeiten alle Ehre macht – Kathedrale, Kneipe und Kiosk. Griess bezeichnet die Seele der „Provinzstadt, die sich für eine Weltmetropole hält“ liebevoll als „Abgrund“. Das ist liebevoll, weil er ergänzt: „Köln ist das Crystal Meth unter den Städten.“ Ein Abgrund also, in den viele Menschen gerne blicken und dann nicht mehr wegschauen können.
Erwähnte Formulierung weist darauf hin, dass Griess sich in seinem Handgepäck nicht verstellt. Der Autor gilt als kompromissloser Kabarettist, schrieb unter anderem auch schon Texte für Fernsehurgestein Käpt’n Blaubär und Unterhaltungspionier Didi Hallervorden. Seine berufliche Laufbahn spiegelt sich in seinen Ausführungen über die Domstadt wider. Für den Leser ist es leicht vorstellbar, wie Griess die Texte auf der Bühne vortragen würde – leidenschaftlich, mit einem lachenden und einem weinenden Auge, auf jeden Fall aber mit Augenzwinkern.
Natürlich gehört zur satirischen Annäherung an die Stadt, die medial oftmals unfreiwillig die Rolle des Witzbolds einnimmt, auch die Verwendung von Klischees. Durch sprachliche Klasse und eloquente Schilderung kann der künstlerische Leiter des Kölner Streithähne-Festivals seinen Ausführungen aber stets Frische verleihen.
Am stärksten ist Griess, wenn er ausschweift. So zieht der gebürtige Bonner, seit über drei Dekaden lebhaft in Köln, auf einer „Tour de Cologne“ durch seine Wahlheimat. „Wo ist Köln am kölschesten?“, fragt er sich. Er wird auf seinem Zug durch die Gemeinde zum Alt-, Innen-, Südstädter, zum Zollstocker, Klettenberger, Lindenthaler, zum Ehrenfelder, Nippeser, Schäl Sicker – und nie vergisst er, über sich selbst zu lachen.
Robert Griess: Köln – Satirisches Handgepäck | Michael Müller Verlag | 176 S. |
12,90 €
Lesung: Mi 26.10. 19 Uhr | Buchhandlung Ludwig (Hauptbahnhof) | 0221 126 01 07
Robert Griess: „Ich glaub es hackt“ | Di 8.11. 20.15 Uhr | Senftöpfchen | 0221 258 10 58
„Schlachtplatte – Die Jahresendabrechnung“ mit Robert Griess, Fatih Cevikkollu und Ape & Feuerstein | Sa 17.12. 20.15 Uhr, So 18.12. 19 Uhr | Senftöpfchen | 0221 258 10 58
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