choices: Frau Klug, die Klage über kommunale Haushaltsdefizite gehört seit Jahren zu den kommunalpolitischen Standards. Wächst der Schuldenberg inzwischen schneller?
Gabriele C. Klug: Ja. Die kommunalen Aufgaben sind ja nicht weniger geworden. Dabei steht seit Jahren fest, dass die Kommunen eine bessere originäre Einnahmequelle benötigen, also eine angemessene kommunale Wirtschaftssteuer. Das ist auch Konsens zwischen den kommunalen Spitzenverbänden.
In NRW wurde gerade der „Stärkungspakt Stadtfinanzen“ beschlossen, der besonders betroffenen Kommunen durch eine Umverteilung der Mittel helfen soll. Eine gangbare Zwischenlösung?
Durchaus, aber eben nur eine Zwischenlösung. Die Ursache der kommunalen Verschuldungskrise ist struktureller Art. Den Kommunen werden seit Jahren immer neue Aufgaben ohne finanziellen Ausgleich übertragen. Zugleich sind viele Standards und damit deren Kosten gesetzlich festgeschrieben. Eine Absenkung wäre hier schon aus Rechtsgründen nicht möglich. Das schlägt sich irgendwann auch in der einnahmestärksten Kommune nieder.
Wenn man dem Innenminister folgt, soll mit dem Stärkungspakt seitens des Landes auch so etwas wie eine Fachaufsicht über die betroffenen Kommunen ausgeübt werden.
Die Rechtsaufsicht des Landes ist, nur bezogen auf den Haushalt, immer eine Fachaufsicht. Die Rechtsvorschriften zur Haushaltsführung sind ja relativ detailliert. So würde ich die Äußerungen des Landes nachempfinden. Ansonsten bin ich ein Fan der Kommunalautonomie und meine deswegen, das Land muss sich grundsätzlich auf die Rechtsaufsicht beschränken.
Welche standortpolitischen Perspektiven können Kommunen noch finanzieren?
Das hängt von den jeweiligen Bedingungen vor Ort ab. Unser ehrgeiziges Ziel in Köln ist, die Bemühungen um eine Infrastruktur für Zukunftsaufgaben und eine nachhaltige Finanzwirtschaft zusammenzuführen. Für eine so kreative Stadt wie Köln müssen sozusagen „Triple A“ und „Triple T“ zueinanderkommen, die eigene Kreditwürdigkeit muss zur Förderung von „Technologie, Talente, Toleranz“ genutzt werden. Der US-amerikanische Ökonom Richard Florida hat einmal die drei „Ts“ als zentral für den Erfolg einer kreativen Stadt benannt.
Sie stehen mitten in der schnelllebigen Finanzwelt. Wissen Sie noch, was Sie vor einem Jahr getan haben?
Ja! Ich habe mich um eine Wohnung in Köln gekümmert.
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Und ewig grüßt das Murmeltier …
Das alte Jahr ist kaum vorbei, da kommt es als 2012 wieder – THEMA 01/12 RÜCKBLICK & AUSBLICK
Zeitenwende
Werner Jung über den NSU, Peinliches in der Keupstraße und lokale Geschichte – Thema 01/12 Rückblick & Ausblick
Gesellschaftspolitik heute
Prof. Dr. Christoph Butterwegge über kulturelle und soziale Teilhabe – Thema 01/12 Rückblick & Ausblick
„Rassismus und Herablassung“
Teil 1: Interview – Historiker Andreas Eckert über die Folgen des europäischen Kolonialismus
„Eine totale Machtdemonstration“
Teil 2: Interview – Kindernothilfe-Mitarbeiter Frank Mischo zu sexualisierter Gewalt in Krisengebieten
„Zunehmende Unglaubwürdigkeit des Westens“
Teil 3: Interview – Politologe Ulrich Brand über geopolitische Umwälzungen und internationale Politik
„Dominierende Haltung: Reform der Schuldenbremse ist nötig“
Teil 1: Interview – Wirtschaftsweise Achim Truger über die Wirtschaftskrise und die Ideen der Parteien
„Jeder Krieg kann verhindert werden“
Teil 2: Interview – Politologe Andreas Hasenclever über Wege zum Frieden
„Die Schulen versagen bei politischer Bildung“
Teil 3: Interview – Politologin Nina Kolleck über die Vermittlung demokratischer Werte
„Ein Überbietungswettbewerb zwischen den EU-Staaten“
Teil 1: Interview – Migrationsforscherin Leonie Jantzer über Migration, Flucht und die EU-Asylreform
„Die Kategorie Migrationshintergrund hat Macht“
Teil 2: Interview – Migrationsforscher Simon Moses Schleimer über gesellschaftliche Integration in der Schule
„Es braucht Kümmerer-Strukturen auf kommunaler Ebene“
Teil 3: Interview – Soziologe Michael Sauer über Migration und Arbeitsmarktpolitik
„Früher war Einkaufen ein sozialer Anlass“
Teil 1: Interview – Wirtschaftspsychologe Christian Fichter über Konsum und Nostalgie
„Nostalgie verschafft uns eine Atempause“
Teil 2: Interview – Medienpsychologe Tim Wulf über Nostalgie und Politik
„Erinnerung ist anfällig für Verzerrungen“
Teil 3: Interview – Psychologe Lars Schwabe über unseren Blick auf Vergangenheit und Gegenwart
„Viele Spiele haben noch einen sehr infantilen Touch“
Teil 1: Interview – Medienpädagoge Martin Geisler über Wandel in der Videospiel-Kultur
„Genießen der Ungewissheit“
Teil 2: Interview – Sportpädagoge Christian Gaum über das emotionale Erleben von Sportevents
„Ich muss keine Konsequenzen fürchten“
Teil 3: Interview – Spieleautor und Kulturpädagoge Marco Teubner über den Wert des Spielens
„Die Bürger vor globalen Bedrohungen schützen“
Teil 1: Interview – Politikwissenschaftler Oliver Treib über Aufgaben und Zukunft der Europäischen Union
„Mosaik der Perspektiven“
Teil 2: Interview – Miriam Bruns, Leiterin des Goethe-Instituts Budapest, über europäische Kultur
„Der Verkauf des Kaffees nach Europa ist gestoppt“
Teil 3: Interview – Sebastian Brandis, Sprecher der Stiftung Menschen für Menschen, über das EU-Lieferkettengesetz
„Tiefseebergbau ohne Regularien wäre ganz schlimm“
Teil 1: Interview – Meeresforscher Pedro Martinez Arbizu über ökologische Risiken des Tiefseebergbaus
„Wir müssen mit Fakten arbeiten“
Teil 2: Interview – Meeresbiologin Julia Schnetzer über Klimawandel und Wissensvermittlung
„Entweder flüchten oder sich anpassen“
Teil 3: Interview – Klimaphysiker Thomas Frölicher über ozeanisches Leben im Klimawandel
„Es liegt nicht am Gesetz, Kriminalität zu verhindern“
Teil 1: Interview – Kriminologe Dirk Baier über Gewaltkriminalität und Statistik