Es rappelt richtig im Karton beim Klavier-Festival Ruhr im Jahre 2018. Ein Zahlengewitter rollt durch den Pott: 66 Veranstaltungen auf 33 verschiedenen Bühnen in 21 Städten, das alles von April bis Juli. Motto und roten Faden zogen die 100. Jahrestage des Endes des Ersten Weltkriegs und des Ablebens der französischen Impressionisten-Ikone Claude Debussy. Dies giert geradezu nach französischer Freundschaftsbekundung und einem herzlichen „Vive la France“, mit rund 90 Werken französischer Klavierliteratur und natürlich den erlesensten Interpreten zum eigenen Fest des Festivals: Das bedeutende Pianistentreffen wird 30 Jahre alt, sein Intendant Franz Xaver Ohnesorg just 70. Und die frankophile Ausrichtung des Programms unterstreicht den politischen Wind in unseren Landen; da passt alles.
Mit den Klaviervirtuosen Pierre-Laurent Aimard, im letzten Jahr mit dem Siemens Musikpreis ausgezeichneter Neutöner und legendärer Musikvermittler, Rémy Cardinale, dem Spezialisten für historische Instrumente, Bertrand Chamayou, jetzt schon eine Legende der Ravel-Interpretation, Hélène Grimaud, der großen Interpretin, die daheim mit Wölfen lebt, Claire-Marie Le Guay, ARD-Wettbewerb-Gewinnerin mit Vorliebe für französische Kammermusik, Lise de la Salle, einst Rachmaninow-affinem Wunderkind, Jacky Terrasson, dem Jazz-Lyriker zwischen den Klassikspezialisten, Alexandre Tharaud, einem Künstler ohne Genre-Grenzen oder Jean-Yves Thibaudet, dem Klangpoeten aus Lyon, bildet das Festival vorbildlich die vielen Facetten der Musik von Rameau bis in die Neuzeit ab.
Natürlich muss der Intendant auch im Festjahr haushälterisch planen. Aber das Festival ist sehr gut aufgestellt und kann sich erlauben, statt vorwiegend populärer Programme interessante Raritäten anzubieten. Darunter fällt der Fokus auf das Werk Debussys, der selbst ein ausgezeichneter Pianist war und u.a. als Hauspianist der Tschaikowsky-Gönnerin Nadeshda von Meck empfohlen wurde. Er begeisterte sich gern für Fremdeinflüsse, zunächst nach Bayreuth-Besuch für die Welt Wagners, dann für das russische, das spanische und das fernöstliche Sujet, von dem er ab der Pariser Weltausstellung (1889) nachhaltige Eindrücke empfing. Ganz weltbürgerlich trat der Reiseweltmeister Camille Saint-Saëns auf, der als ruheloser Klaviervirtuose auch in Deutschland recht bekannt war. An seiner Renaissance arbeitet jetzt das Festival Ruhr u.a. mit den Klavierkonzerten des französischen Komponisten.
Von den erwähnten Herren gibt es allerdings auch Kostproben ihres Liedschaffens auf Schloss Herten, wo ein weiteres denkwürdiges Jubiläum stattfinden wird: Der große der Klavierbegleiter nach Gerald Moore, der Brite Graham Johnson, spielt sein 50. Konzert beim Klavier-Festival Ruhr. Und Johnson gilt im Besonderen als Spezialist für das französische Kunstlied, als Autor und Interpret. Das sind nur die stillen Stars dieses Festes.
Klavierfestival Ruhr | 19.4. – 13.7. | div. Orte | www.klavierfestival.de
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