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Das Haus Bachem am Großen Griechenmarkt
Foto: Literaturhaus

Wofür eigentlich noch Literaturhäuser?

22. Dezember 2016

Eine Institution im Wandel – Textwelten 01/17

Wie Pilze schossen sie vor 20 Jahren aus dem Boden. Jede Großstadt im deutschsprachigen Europa dachte über die Einrichtung eines Literaturhauses nach. In Köln gründete sich der zugehörige Verein noch bevor es überhaupt einen Ort für die Zusammenkünfte gab. Wirkt die Institution nicht inzwischen ziemlich altmodisch, angesichts der literarischen Diskussionen, die in den Blogs des Internets geführt werden? „Im Gegenteil, die Literaturhäuser sind wichtiger denn je, und wir verzeichnen einen kräftigen Zuwachs an Besuchern“, behauptet Bettina Fischer, die Leiterin des Hauses. „Wir leben in einer immer komplexeren Welt, die es zu verstehen gilt. Da helfen wir gerne beim Nachdenken, und das bei hoher Qualität angesichts der Gäste und der Gespräche, die auf der Bühne geführt werden“, erklärt sie.

Zum Lesen gehört der Wunsch, sich über das Erlebte auszutauschen. Nur sieht das heute ganz anders aus. „Früher lasen die Leute erst das Buch und dann kamen sie hierher, um den Autor kennenzulernen. Heute kommen sie erst zu uns ins Haus Bachem, und wenn sie der Abend begeistert, kaufen sie sich das Buch“, sagt Fischer, die eine klare Vorstellung vom Zweck ihrer Arbeit besitzt: „Wir öffnen eine Tür zur Literatur und den Menschen, die schreiben.“ Und während die lit.Cologne ihr Pulver in 10 Tagen im März verschießt, präsentiert Bettina Fischer 150 Veranstaltungen über das gesamte Jahr hinweg.

Neben dem Jungen Literaturhaus, das seit 10 Jahren Kinder und Jugendliche für die Welt der Bücher gewinnt, treffen sich die Lesekreise jeden Monat, um über einen einzigen Roman zu sprechen. Die Autoren hingegen kommen zum Suppenessen zusammen, um alle vier Wochen an der langen Tafel im Haus über ihre aktuellen Projekte mit Verlegern oder Übersetzern zu sprechen. Eine Jahrhunderte zurückreichende Tradition als Restauration besitzt das Haus Bachem, da passt auch das Flüchtlingscafé ins Bild. Ein Forum für Autoren, die darauf angewiesen sind, dass man sie wahrnimmt, nachdem sie im Strom der Flüchtenden nicht nur ihren materiellen Besitz, sondern auch ihre Leserschaft und ihr soziales Umfeld verloren haben.

„Wo gäbe es einen vergleichbaren Ort in der Stadt, um sich kennenzulernen?“, fragt Bettina Fischer. Und dabei hat sie noch gar nicht den Debütantensalon für junge Autoren erwähnt. Dafür erzählt sie aber von der „Zwischenmiete“, einem Format, bei dem sich ein Autor in einer WG einmietet. Klar, dass es bei den Lesungen rappelvoll ist und eine super Stimmung herrscht. Apropos Stimmung, in Köln singt man gerne, beim Versuch einen Poeten in Residenz zu installieren, soll es in der Zusammenarbeit mit einem Komponisten in Zukunft möglich sein „das neue Lied“ zu entwickeln. Und dann gibt es ja noch die Lesungen zu denen am Beginn des Jahres Brasiliens Bestsellerautor Rafael Cardoso erwartet wird. Mit Reinhard Kaiser-Mühlecker kommt einer der wichtigsten jungen deutschen Autoren und mit Georg Stefan Troller einer der bedeutendsten Journalisten. Reiner Stach stellt seine sensationelle Kafka-Biographie vor und das Haus würdigt die literarischen Qualitäten der Bildgeschichten mit der Ausrichtung des Comicfestivals. Irgendwie wird man sie wohl doch noch brauchen, diese Kulturbewahrer der analogen Vergangenheit.

Thomas Linden

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