Ai Weiwei ist ein globaler, omnipräsenter Darling der Kunstszene. Von ihm stammen monumentale Objekte und Installationen, er kann aber auch kleine, filigrane Werke schaffen, wobei sich alle seine Arbeiten durch ihre handwerkliche Ausarbeitung und die leichte Lesbarkeit ihrer Anliegen auszeichnen.
Mithin ist der 1957 in Peking geborene, nach Haft und jahrelangem Reiseverbot in China derzeit in Berlin lebende Architekt und Konzeptkünstler ein Multiplikator brisanter Themen. Er kämpft gegen das Vergessen, aber er speist sein Wissen aus der Tradition und einer fernöstlichen Spiritualität. Dazu ist er auf seiner Kunst auch selbst abgebildet, und wenn es nur der Stinkefinger ist, der wie zur Fokussierung der Distanz zu Repräsentationsbauten erscheint. Ai Weiwei provoziert, macht betroffen und prangert an: den rücksichtslosen Umgang mit den Flüchtenden vor Europa oder die Vernachlässigung der eigenen Bevölkerung des Regimes in China.
Die Kunstsammlung NRW bietet nun einen Überblick über das Werk dieses Superstars der Kunst, der während seiner Studienjahre in New York von Andy Warhol und Joseph Beuys geprägt wurde. Ein weiterer Einfluss, der vielleicht am deutlichsten das Werk durchzieht, ist Marcel Duchamp, der mit seiner Nobilitierung des Ready-Mades die Kunstwelt revolutionierte. Gerade für seine großen Installationen dienen Ai Weiwei als Material Fundstücke, die er anhäuft: Eisenstangen eingestürzter Schulen in Transportkisten, die noch an Särge erinnern, oder Kleidungsstücke in Gestellen, die nach den Menschen – den Flüchtlingen – fragen, die sie einst getragen haben.
Aber er imitiert auch Ready-Mades, wie in seiner Installation aus Millionen Sonnenblumenkernen, die (als Motiv in China hoch symbolisch) tatsächlich aus Porzellan bestehen und Stück für Stück von Hand angemalt wurden. Vielleicht ist dies die eindrucksvollste Arbeit in der Kunstsammlung NRW, auch wenn sie von weiteren, anderen Beiträgen „totgeschlagen“ wird: Je weniger von Ai Weiwei drumherum steht oder hängt, desto intensiver kommen seine Werke zur Geltung, und zwar in der ganzen, sich über beide Ausstellungshäuser in Düsseldorf erstreckenden Schau. Trotzdem, beeindruckend.
Ai Weiwei | bis 1.9. | Kunstsammlung NRW in Düsseldorf | 0211 838 12 04
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