Im Dezember wird das Werk von Marcel Odenbach (*1953) in gleich zwei wichtigen Museen in Nordrhein-Westfalen vorgestellt: im Museum Ludwig in Köln und in der Kunstsammlung NRW in Düsseldorf. Odenbachs Bedeutung gründet auf seinem Gespür für drängende Fragen und ihre angemessene, intensive Umsetzung. Seine Medien sind Video und Collage. In den
Bildcollagen dominiert ein Sujet oder eine lapidare Situation malerisch die Bildfläche. Zu sehen sind eine eingedeckte Veranda mit Blick auf die Berge oder ein militärischer Machthaber, in sich ruhend. Aber dann erfährt man, dass hier der diktatorisch regierende Präsident des Kongo zu sehen ist und es sich um die Veranda auf dem Obersalzberg handelt, wo Hitler seinen Urlaub verbracht hat.
Von nahem zerfallen die collagierten Darstellungen in fotografisches Bildmaterial und gedruckte Texte, die das Sujet in ein anderes Licht rücken und vertiefen. Dementsprechend enthalten die Videofilme Montagen. Ausgehend von eigenen Aufnahmen an den Schauplätzen arbeitet Odenbach mit Schnitten, Einfügungen und Überblendungen meist von Archivmaterial. Er entwickelt Installationen häufig mit zwei Projektionsflächen, unterstützt von Sound und zum Beispiel Radiomitschnitten.
Die Grundlagen dieser Videos und der Bildcollagen stellt nun das Museum Ludwig vor: Es zeigt die „Schnittvorlagen“. Als typologische Ansammlungen verdeutlichen sie, wie Odenbach die Bilder aus Printmedien sichtet und verdichtet, während er die Macht dieser Bilder untersucht. Anlass der Kölner Ausstellung ist die Verleihung des Wolfgang-Hahn-Preises im Museum Ludwig.
Die Ausstellung in Düsseldorf hingegen beginnt mit den frühen Zeichnungen und den in der zweiten Hälfte der 1970er Jahre einsetzenden Videos. Sie beinhaltet die Bildcollagen und Videoinstallationen, welche die Folgen des europäischen Kolonialismus in Afrika oder den Völkermord in Ruanda und die Erinnerung an das Konzentrationslager Buchenwald in ruhigen, aufmerksamen Sequenzen vergegenwärtigen: Betreten und bereichert, sehr nachdenklich verlässt man erst nach einigen Stunden diese Ausstellung.
Marcel Odenbach | bis 9.1.22 in der Kunstsammlung NRW, Düsseldorf | 0211 838 12 04 | bis 20.2.22 im Museum Ludwig, Köln | 0221 22 12 63 32
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Menschen allein
Lars Eidingers Ausstellung „O Mensch“ in Düsseldorf – Kunst in NRW 10/24
Ernste Themen im Gegenüber
Kresiah Mukwazhi im Museum Ludwig
Männer aus dem Lexikon
Gerhard Richters 48 Porträts im Museum Ludwig
Niemals gleich
Roni Horn im Museum Ludwig – kunst & gut 07/24
Zeit begreiflich machen
Die Neupräsentation der Sammlung zeitgenössischer Kunst im Museum Ludwig
Ein König schenkt
Schenkungen von Kasper König an das Museum Ludwig – kunst & gut 03/24
Gespür für Orte
Füsun Onur mit einer Retrospektive im Museum Ludwig – kunst & gut 12/23
Aus anderer Perspektive
Szenenwechsel der Sammlung im K21 in Düsseldorf – Kunst in NRW 09/23
Die eigene Geschichte
„Ukrainische Moderne & Daria Koltsova“ im Museum Ludwig – kunst & gut 09/23
Verschiedenen Perspektiven
Neupräsentation der Sammlung im Museum Ludwig
Innenleben der Wirklichkeit
„Ursula – Das bin ich. Na und?“ im Museum Ludwig – kunst & gut 05/23
Zeitgeschichte als Skulptur
Reinhard Mucha in der Kunstsammlung NRW – Kunst in NRW 11/22
Richter daheim
Gerhard Richter im Kunstpalast Düsseldorf – Kunst in NRW 11/24
Noch gemalt
„Zwischen Pixel und Pigment“ in Herford und Bielefeld – Kunst in NRW 09/24
Farbe als Ereignis
Katharina Grosse im Kunstmuseum Bonn – Kunst in NRW 07/24
Farbe an Farbe
Otto Freundlich und Martin Noël in Bergisch Gladbach – Kunst in NRW 06/24
Am Anfang der Abstraktion
Hilma af Klint und Wassily Kandinsky in Düsseldorf – Kunst in NRW 05/24
Glaube und Wissenschaft
Louisa Clement im Kunstmuseum Bonn – Kunst in NRW 04/24
Das eigene Land
„Revisions“ im Rautenstrauch-Joest-Museum Köln – Kunst in NRW 03/24
Ritt durch die Jahrhunderte
Die Neupräsentation im Kunstpalast in Düsseldorf – Kunst in NRW 02/24
Ende eines Jahrhunderts
George Minne und Léon Spilliaert in Neuss – Kunst in NRW 01/24
Puls des Lebens
Chaïm Soutine im K20 in Düsseldorf – Kunst in NRW 12/23
Ganz leicht
Christiane Löhr im Bahnhof Rolandseck – Kunst in NRW 11/23
Die stille Anwesenheit der Dinge
Cornelius Völker im Kunstpalast Düsseldorf – Kunst in NRW 10/23