Eine faszinierend vielschichtige Ausstellung: Das Völkerkundemuseum am Kölner Neumarkt vermittelt das visuelle Vokabular des Stammes der Warlpiri, die zu den Ureinwohnern Zentralaustraliens gehören. Die Perspektive der späteren weißen Bevölkerung, die diese Gebiete für sich beansprucht hat, wird korrigiert durch die First People, die über Jahrtausende ein Verhältnis zur Natur und zur Geschichte der Landschaft entwickelt haben. Die Aneignung durch die weiße Bevölkerung äußert sich in den Fotografien und Gemälden, die gegen das Verbot des Abbildens verstoßen. Aber wie soll man nun mit den vorhandenen, in ethnologischen Museen mit guter Absicht gelagerten Fotografien umgehen?
Ein Vorschlag stammt vom britischen Foto- und Konzeptkünstler Patrick Waterhouse, der die Warlpiri vor einem Jahrzehnt aufgesucht, von ihnen gelernt und ihr Vertrauen erlangt hat. In der Folge hat er ihrer Kunst-Community Reproduktionen derartiger Fotos aus den RJM-Archiven vorgelegt. Die Künstler und Künstlerinnen der Warlpiri haben als Korrektur „Dot Paintings“ angefertigt: Sie haben Farbtupfer („jukurpa“) sorgsam über die Körper auf den Fotografien gesetzt und sie so den Blicken wieder entzogen. Gleichzeitig haben sie auf Landkarten Grenzen und rituelleStätten markiert. Im vibrierenden, farbigen Auftrag zeigt sich die Intensität von Leben, aber auch die Tiefgründigkeit der Abgrenzung und die Schaffung von Respekt. Sind diese Setzungen, die im Farbklang und in ihrer Form traditionell sind und noch spezifische Informationen transportieren, nicht auch spiritueller Zurückgewinn? Aber es reicht für den außenstehenden Betrachter, diese Werke rein als ästhetisches Erlebnis und still entschiedener Protest gegen die Vereinnahmung zu verstehen. Freilich, Peter Waterhouse ist ein weißer, etablierter Künstler, und bleibt darüber offen, wie die Zusammenarbeit mit den Warlpiri, die zu diesem Projekt beauftragt wurden, genau abgelaufen ist. Jedoch werden hier grundsätzliche Aspekte zum Umgang mit der kolonialen Perspektive angesprochen. Und die tragen dazu bei, die Kulturen außerhalb unseres Blickfeldes mit ihrer eigenen Ausdruckssprache wahrzunehmen.
Revisions | bis 7.4. | Rautenstrauch-Joest-Museum Köln | 0221 22 13 13 56
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Spuren der Selbstfindung
Jo Langenhoff in der Photographischen Sammlung
Malerische Fotografie
„Foto – Kunst – Foto“ im Clemens Sels Museum Neuss – Kunst in NRW 12/24
Fragil gewebte Erinnerungen
„We are not carpets“ im RJM – Kunst 10/24
Lebende Pflanzen in Schwarz-Weiß
Karl Blossfeldt in der Photographischen Sammlung im Mediapark
Ohne Filter
„Draussensicht“ in der Oase – Kunstwandel 01/24
Ereignisreiche Orte
Simone Nieweg in der Photographischen Sammlung der SK Stiftung im Mediapark – kunst & gut 11/23
Sehen in Lichtgeschwindigkeit
Horst H. Baumann im Museum für Angewandte Kunst – kunst & gut 10/23
Gestohlene, zerstörte Erinnerungen
„Artist Meets Archive“: Lebohang Kganye im RJM – kunst & gut 08/23
Die Sprache der Angst/Hoffnung
„Stimmen“ im RJM – Prolog 06/23
Lichterfüllte, funktionale Orte
Lucinda Devlin mit einer Werkschau in der Photographischen Sammlung – kunst & gut 04/23
Formen und Strukturen
Drei Alfred Ehrhardt-Programme im Filmhaus – Film 04/23
Ein Star unter den Fotografierten
Max Ernst auf Fotografien in seinem Museum in Brühl – kunst & gut 03/23
Richter daheim
Gerhard Richter im Kunstpalast Düsseldorf – Kunst in NRW 11/24
Menschen allein
Lars Eidingers Ausstellung „O Mensch“ in Düsseldorf – Kunst in NRW 10/24
Noch gemalt
„Zwischen Pixel und Pigment“ in Herford und Bielefeld – Kunst in NRW 09/24
Farbe als Ereignis
Katharina Grosse im Kunstmuseum Bonn – Kunst in NRW 07/24
Farbe an Farbe
Otto Freundlich und Martin Noël in Bergisch Gladbach – Kunst in NRW 06/24
Am Anfang der Abstraktion
Hilma af Klint und Wassily Kandinsky in Düsseldorf – Kunst in NRW 05/24
Glaube und Wissenschaft
Louisa Clement im Kunstmuseum Bonn – Kunst in NRW 04/24
Ritt durch die Jahrhunderte
Die Neupräsentation im Kunstpalast in Düsseldorf – Kunst in NRW 02/24
Ende eines Jahrhunderts
George Minne und Léon Spilliaert in Neuss – Kunst in NRW 01/24
Puls des Lebens
Chaïm Soutine im K20 in Düsseldorf – Kunst in NRW 12/23
Ganz leicht
Christiane Löhr im Bahnhof Rolandseck – Kunst in NRW 11/23
Die stille Anwesenheit der Dinge
Cornelius Völker im Kunstpalast Düsseldorf – Kunst in NRW 10/23