Ende Januar war es endlich soweit: das Bundesverfassungsgericht hat die die Filmförderung seit Jahren lähmende Klage der Kinokette UCI abgewiesen. Diese hatte unter anderem gegen die Filmabgabe und die fehlende Wirtschaftlichkeit bei der Filmförderung geklagt und die Zuständigkeit des Bundes für den Film als Bestandteil der Kulturwirtschaft infrage gestellt. Bei der Anhörung Anfang Oktober sind viele Sachverständige noch davon ausgegangen, dass die Filmförderung im Kern bestehen bleibt, aber der Gesetzgeber zur Nachbesserung im Hinblick auf eine stärkere Wirtschaftlichkeit aufgefordert wird. Unter Vorsitz des Richters Vosskuhle erging nun mit 7:1 Stimmen ein Urteil, das an Klarheit nicht übertroffen werden kann. Denn in der fast 70 Seiten umfassenden Begründung stellte das Gericht klar, dass die Höhe und die gesetzliche Grundlage der Abgabe ebenso wie die Vergabe der Mittel durch Gremien verfassungsgemäß sei und weder das beklagte Gesetz von 2004 noch das seit Januar 2014 neue Filmförderungsgesetz nachgebessert werden muss.
Damit endet nicht nur eine rechtliche Auseinandersetzung zwischen Gesetzgeber und Filmwirtschaft sondern auch die unter Vorbehalt gezahlten Abgaben können nun verwendet werden. Und auch für die Zukunft gilt, dass die Kinos bis zu 3% ihrer Kartenumsätze an die Filmförderungsanstalt abführen müssen. Und natürlich werden damit auch kulturell wichtige Filme gefördert. Aber die kulturellen Zwecke neben wirtschaftsbezogenen Regelungen schaden nicht: Der Kompetenzbereich der Länder wird durch die Reichweite der Bundeskompetenzen bestimmt, nicht umgekehrt. Denn Kulturhoheit der Länder heißt nicht, dass der Bund bei der Wahrnehmung ihm zugewiesener Gesetzgebungskompetenz kulturelle Aspekte unberücksichtigt zu lassen hat, mehr noch: „Schonung, Schutz und Förderung der Kultur“ sind dem Bund nicht verwehrt.
Und auch die beklagte Unwirtschaftlichkeit zahlreicher Filme wurde vom BVerfG nicht infrage gestellt, denn eine erfolgreiche Filmförderung kann auch wirtschaftliche Misserfolge nicht ausschließen. Denn die Erfolgsfaktorenforschung aufgrund zurückliegender Filmerfolge führt nicht zu prognostisch sicher nutzbaren Ergebnissen für die Förderung neuer Filmprojekte, so das BVerfG.
BKM Neumann hatte das neue Gesetz wegen der Verfassungsklage auf zwei Jahre begrenzt. Mit der juristischen Klarstellung beginnen nun die filmwirtschaftlichen Verbände wieder, ihre Interessen für das FFG, das ab 2017 wirken soll, zu formulieren. Die zur Abgabe verpflichteten Branchenteilnehmer bemühen sich um niedrigere Abgabesätze und mehr Einfluss bei der Mittelvergabe, die das Geld erhaltenden Produzenten wollen ihren Einfluss und Mittel ausbauen. Kurz nach seinem Rücktritt als BKM wurde Bernd Neumann als Präsident und Vorsitzender des Verwaltungsrates der FFA benannt und kann nun auch weiterhin – allerdings mit Rechtssicherheit – die Geschicke der Filmwirtschaft begleiten. Und auch der in dem Verfahren unterlegene Geschäftsführer der UCI versucht nun, von innen sein Ziel von mehr Wirtschaftlichkeit des deutschen Films zu verfolgen. Ralf Schilling ist Mitglied der Vergabekommission der FFA und damit für die Vergabe von Fördermitteln für Filmprojekte mit verantwortlich. Die Kontrahenten von gestern sind somit die Partner von morgen.
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