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Auf den Dächern von Köln: Elektro Hafız mit seiner Bağlama und Freunden
Foto: Tobias Kreusler

Anatolischer Krautrock

30. März 2017

Elektro Hafız auf dem Schwarzweissbunt-Festival – Popkultur in NRW 04/17

Psychedelic Rock zum Abgehen und Tanzen? Funktioniert hervorragend. Die Bağlama elektrisch verstärken, spielwütige Musiker um sich versammeln und das Beste aus diversen Musiktraditionen vereinen: das ist Elektro Hafız. Kein Konzert klingt wie das andere. Feste Songstruktur und Improvisation wechseln sich ab, oberstes Ziel ist der Flow, und der reißt das Publikum mit. Zu erleben ist dies am 28. April in Hagen bei der Eröffnung des Schwarzweissbunt-Festivals.

Berlin? Nein, aber Köln. Ehrenfeld? Nee, Zollstock. Wo alle sind, wird er nicht sein. Überhaupt, der Mainstream ist nicht seine Sache. So ist auch das Instrument seiner Wahl ungewöhnlich: die Bağlama, eine traditionell in Anatolien gespielte Langhalslaute, gilt in der Türkei meist als kitschig und nicht gerade hip. Dabei hat sie eine großartige musikalische Geschichte. Elektrisch verstärkt wurde sie schon ab Mitte der 60er Jahre, als der sogenannte Anadolu Rock entstand. Unter dem Eindruck amerikanischer und britischer Bands verschmolz dieser hybride Stil Elemente westlicher Rockmusik mit den Melodien und der Rhythmik östlicher Musiktraditionen. Ein wichtiger Einfluss für Elektro Hafız, aber natürlich nicht der einzige. Schon vor 20 Jahren hörte er in Istanbul mit ebenso großer Begeisterung die deutschen Krautrocker Can und Amon Düül.

Heute ist für so einen experimentierfreudigen und manchmal auch sperrigen Musikstil in der Türkei wenig Platz. In Deutschland hingegen wurde Elektro Hafız schnell mit offenen Armen aufgenommen. Zum Beispiel vom früheren Radiosender Funkhaus Europa, der ihn samt Band im Sommer 2016 auf Odyssee-Konzertreihe durch NRW schickte. In Köln nahm er sein erstes Album unter den Namen Elektro Hafız auf. Es erschien bei Guerssen Records, einem Label, das sich auf die Nachpressung obskurer Alben der 60er bis 80er zwischen Psychedelic und Garage Rock spezialisiert hat. Aber Elektro Hafız wäre nicht er selbst, wenn er sich auf einen Musikstil beschränken würde. Zeitgleich hat er sein Debüt ein zweites Mal herausgebracht – als Zusammenstellung von Dub-Remixen.

Funk, Reggae, HipHop, Anadolu Rock: Zwischen den Stühlen fühlt sich Elektro Hafız am wohlsten. Man mag seine Musik nennen, wie man will – Hauptsache nicht Weltmusik. Letztendlich lebt sie aus dem Geist des Punk. Und so schätzt er an der Musikszene NRW vor allem den großen Spielraum, ihre Vielfalt und die schier unendlichen Kooperationsmöglichkeiten. Der nächste große Traum des Musikanarchisten ist ein Auftritt mit einem philharmonischen Orchester in Köln, und ja, es ist ihm zuzutrauen, dass er auch diesen Spagat mit Bravour meistert.

Freie Musik, die direkt aus dem Bauch kommt und das Herz trifft. Wer nach einem Konzert von Elektro Hafız nicht von innen leuchtet, der war nicht dabei.

Hagener Kulturfestival Schwarzweissbunt:
Eröffnung mit Elektro Hafız/Hamam Abbiad | Fr 28.4. 17 Uhr | Werkhof Hohenlimburg | www.hagen.de/kulturbuero

Melanie Redlberger

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