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Arbeit oder Leben?


POLITIK-LABOR – Ein Thema, drei Schwerpunkte: Aufmacher, Interviews, Europa-Artikel, Glosse und Lokaltexte aus Köln, Wuppertal und dem Ruhrgebiet

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Composing: Robert Michalak
 

Arbeit oder Leben? / Lust und Last der Erwerbswelt
Intro (Link zur Langfassung)

Die Arbeitswelt verändert sich seit jeher. Zumeist im Konflikt zwischen Arbeitern auf der einen Seite und politischen und wirtschaftlichen Eliten auf der anderen. Viele Errungenschaften hat die Arbeiterschaft in erbitterten Kämpfen erstritten, etwa das Ende von Kinderarbeit oder die Fünf-Tage-Woche. Ein Ende der Konflikte ist nicht absehbar. Der gesetzliche Mindestlohn ist in Deutschland bis heute nicht selbstverständlich, der gemeinsam erwirtschaftete Wohlstand häuft sich bei Wenigen an. Selbst ein „Traumjob“ kann in die Krise führen: Acht Stunden Arbeit, Mittagspause, Anreise, Rückfahrt – viel bleibt nicht mehr übrig vom Tag. Vor allem jüngere Generationen scheinen immer weniger dazu bereit, für Wohlstand derartige Entbehrungen auf sich zu nehmen. Hat die moderne Gesellschaft die Arbeit zu sehr in den Mittelpunkt gerückt? Oder muss eine Generation scheitern, die glaubt, man könne mit weniger auskommen, um mehr vom Leben zu haben?

Arbeit oder Leben? / Lust und Last der Erwerbswelt
Teil 1: Neue Flexibilität

Vertreter aus Politik und Wirtschaft warnen vor einer Vier-Tage-Woche, womöglich bei vollem Lohnausgleich, die Deutschland, den „wieder erkrankten Mann Europas“, angeblich endgültig ins Aus befördern würde. Zugleich erproben Unternehmer neue Arbeitszeitmodelle, ermutigt auch von Arbeitspsychologen und Ökonomen. Der Bedarf nach Teilzeit ist offenbar vorhanden, gewiss nicht nur, weil manche Jobs in Vollzeit nicht durchzuhalten sind oder Alleinerziehende nicht anders können. Warum kommt die Debatte darüber so kurz, auskömmliche Teilzeitmodelle zur Regel zu machen? Verschwimmt die Grenze zwischen Arbeit und Privatleben? Was wiegt mehr? Demographischer Wandel und Fachkräftemangel scheinen eine (nach)wachsende Arbeiterschaft in bessere Verhandlungspositionen zu rücken – während Flexibilisierung bisher vor allem hieß, dass man sich den wandelnden Anforderungen von Unternehmen zu unterwerfen hat. Ist das eine beständige Entwicklung oder eine Illusion?

Arbeit oder Leben? / Lust und Last der Erwerbswelt?
Teil 2: Gerechte Steuern

Wo große Vermögen angehäuft wurden, dort bleiben sie offenbar, gerade in Unternehmen, über Generationen hinweg. Indessen rückt in öffentlichen Debatten die Sorge um „Omas kleines Häuschen“ in den Vordergrund und damit die mutmaßliche Sorge von durchschnittsverdienenden Angehörigen, von Erbschaftsabgaben geradezu erdrückt zu werden. Gegen eine Erbschaftssteuerreform, die von wirklich großen Vermögen nehmen würde, wird so Stimmung gemacht. Wer mit dem Einkommen kaum über die Runden kommt, würde von einer reduzierten Mehrwertsteuer profitieren; eine Diskussion, die unter Coronabedingungen gegenwärtig war, nun aber verebbt. Sogar die Restaurantsteuer kehrt in voller Höhe wieder. Auch der sogenannte Tierwohl-Cent ist als Abgabe geplant, die so durchweg die Verbraucher treffen würde. Was spräche dagegen, die dringend nötigen Verbesserungen in der industriellen Tierhaltung durch Steuermodelle zu finanzieren, die jene betreffen würden, die die „Cents“ ohne weiteres verkraften können?

Arbeit oder Leben? / Lust und Last der Erwerbswelt?
Teil 3: Armutsrisiken

Dem Balkon-Applaus zur heißen Coronaphase, den lobenden Worten für Pflegekräfte, den Respektsbekundungen aus der Politik für die „systemrelevanten“ Jobs – ihnen ist nichts gefolgt. Eine Bankenregulierung, die den Namen verdient, ist hingegen weiterhin nicht in Sicht, und geraten Finanzriesen ins Straucheln, wird offenbar, welche Arbeitsleistungen politisch tatsächlich als systemrelevant gelten und mit staatlichen Geldern zu retten sind. Unsichere Anstellungsverhältnisse vor allem in unteren Lohnklassen kommen hinzu. In der „Zeitenwende“ hat sich ein weiteres politisches Argument dafür ergeben, warum ausgerechnet am Sozialstaat gespart werden muss: Das Geld wird dringend für Rüstung benötigt. Begleitet wird das wiederum von einer Spar-Rhetorik, die fälschlich Fiskalpolitik mit Betriebswirtschaft gleichsetzt und suggeriert, der Staat könne pleitegehen wie ein Betrieb, wenn er es mit den „Schulden“, also Investitionen und Konsumausgaben, übertreibe.

Arbeit oder Leben? / Lust und Last der Erwerbswelt?
Teil 4: Europa gestalten – Vorbild Dänemark

Laut Schätzungen sind in Deutschland jährlich rund 500.000 Kinder und Jugendliche von Mobbing betroffen. Etwa ein Viertel der Betroffenen hegt laut den Untersuchungen Suizidgedanken. Während in Deutschland die Mobbingfälle in den letzten Jahren messbar zugenommen haben, zeigt Dänemark, dass es auch anders geht. Mobbingprävention beginnt dort bereits im Kindergarten. So gehört für Kinder im Alter von sechs bis sechzehn Jahren auch Einfühlungsvermögen zum Unterricht, im Pflichtfach Empathie lernen sie eine Stunde pro Woche, miteinander über ihre Gefühle und Probleme zu sprechen. Studien belegen die Wirkung des Unterrichts: Die Mobbing-Rate in Dänemark gehört zu den niedrigsten in Europa. Übrigens: Dänemark gilt laut World Happiness Report 2024 einmal mehr als zweitglücklichstes Land der Welt.

Arbeit oder Leben? / Lust und Last der Erwerbswelt?
Teil 5: Glosse in drei Szenen – Wie wir vergessen haben, warum wir Karriere machen wollen

„Wegen solchen Schlampen werden Frauen immer noch benachteiligt“, sagt Alina und neigt ihr Handy so, dass auch Paulina sehen kann, von welcher Schlampe die Rede ist. „Macht absichtlich auf traditionelle Hausfrau und ist auch noch stolz drauf. Postet ständig auf Instagram irgendwelche blöden Fotos davon, wie sie in Kleidern in der Küche steht, mit ihren Kindern bastelt oder im Garten Rosen schnippelt, die dumme anti-emanzipatorische Sau! Und damit ist sie nicht allein. Da steckt ne ganze Bewegung hinter. ‚Tradwives‘ nennen die sich, traditionelle Ehefrauen. Pah! Werfen einfach alles in den Dreck, wofür Frauen jahrzehntelang gekämpft haben. Schöne Tradition! Solange es so was noch gibt, werden wir anständigen, modernen Frauen nicht Karriere machen können!“.

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