Mit „Blood of the Virgin“ entführt uns Sammy Harkham in seinem in 14 Jahren entstandenen, knapp 300-seitigen Comic in die zwiespältige Welt der billigen B- und C-Movies der frühen 70er Jahre. Unser Held Seymour, gerade Vater geworden, träumt davon, nicht nur Trailer zu schneiden, sondern sein Drehbuch zu verkaufen und es als Regisseur zu realisieren. Als sich tatsächlich die Chance ergibt, geht einiges drunter und drüber. Harkham gelingt es mit schlichten Schwarzweiß-Zeichnungen, diese unglamouröse, vor allem auf niedere Instinkte und Profit ausgerichtete Welt zu beschwören, ohne sie zu verdammen. Denn letztlich zeigt er seinen Protagonisten als kompromisslosen Kinoliebhaber (Reprodukt).
„Unter den Kieseln der Strand“ von Pascal Rabaté versprüht die Atmosphäre eines alten französischen Films: Drei 18-jährige Jungs bleiben in den frühen 1960er Jahren am Ende der Sommerferien alleine in den Häusern ihrer Familien zurück und genießen die Freiheit am Meer. Dann lernen sie die junge Odette kennen und sind hin und weg. Doch die unkonventionelle Schönheit ist Teil einer Einbrecherbande, und die Jungs stecken bald mittendrin. Rabaté erzählt in zarten Zeichnungen ganz leise von dieser Begegnung, die zunehmend Konflikte zwischen den Jungs auslöst und ihre Zukunftspläne in Frage stellt (Splitter).
Der Illustrator und Trickfilmer Jan Bauer hatte bereits vor knapp zehn Jahren in seinem gefeierten Debüt „Der salzige Fluss“ von seiner Wanderung durch das australische Hinterland erzählt. „Unter rotem Staub“ macht dort weiter: Nun arbeitet er als Freiwilliger in einem Kulturzentrum in einem Dorf des Aborigines-Stammes Warlpiri und lernt deren Geschichte und Kultur kennen. Mit Respekt vor der Tradition und aufrichtiger Sorge über ihre Zukunft begleitet er deren Alltag. Es zieht ihn immer wieder an diesen Ort, der ihm auch viel Ruhe und Selbstreflexion ermöglicht (avant-verlag). Mit „Black Hammer: Reborn 2“ setzt Autoren-Star Jeff Lemire seine ungewöhnliche Superheld:innen-Saga fort. Black Hammers Tochter Lucy hatte das Zepter ihres Vaters weitergetragen, 20 Jahre später nimmt ihre Tochter Drogen und ihr Mann betrügt sie. Dann überschlagen sich die Ereignisse, und sie muss wieder zum Hammer ihres Vaters greifen, um die Welt zu retten – und sich und ihre Familie (Splitter).
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Massenhaft Meisterschaft
Neue Comics von alten Hasen – ComicKultur 01/25
Mit KI aus der Zwangslage
„Täuschend echt“ von Charles Lewinsky – Literatur 01/25
Der Traum vom Debütroman
„Vom Schreiben leben, vom Leben schreiben“ in Köln
Orte der Gastfreundschaft
„Living-Room“ auf der Poetica 10
Mord an der Moldau
„Die Schatten von Prag“ im Literaturhaus Köln
Kampf den weißen Blättern
Zwischen (Auto-)Biografie und Zeitgeschichte – ComicKultur 12/24
Doppelte Enthüllung
„Sputnik“ von Nikita Afanasjew – Literatur 12/24
Eine wahre Liebesgeschichte
Thomas Strässles „Fluchtnovelle“ – Textwelten 12/24
Übergänge leicht gemacht
„Tschüss und Kuss“ von Barbara Weber-Eisenmann – Vorlesung 11/24
Comics über Comics
Originelle neue Graphic Novels – ComicKultur 11/24
Die zärtlichen Geister
„Wir Gespenster“ von Michael Kumpfmüller – Textwelten 11/24
Zurück zum Ursprung
„Indigene Menschen aus Nordamerika erzählen“ von Eldon Yellowhorn und Kathy Lowinger – Vorlesung 10/24
Gespräch über die Liebe
„In einem Zug“ von Daniel Glattauer – Textwelten 01/25
ABC-Architektur
„Buchstabenhausen“ von Jonas Tjäder und Maja Knochenhauer – Vorlesung 11/24
Auch Frauen können Helden sein
„Die Frauen jenseits des Flusses“ von Kristin Hannah – Literatur 11/24
Nachricht aus der Zukunft
„Deadline für den Journalismus?“ von Frank Überall – Literatur 10/24