Der Optimismus der Politik kannte kaum Grenzen. Wie stolz war man, als für die Sanierung der Bühnen ein Kostendeckel und eine Bauzeit von nur drei Jahren durchgesetzt wurden. Stolz war man auch auf den „Unterausschuss Kulturbauten“ und ständige „Sachstandsberichte“, einem Kontroll- und Infonetz, dem nichts entgehen sollte – und dem nun offenbar doch alles entgangen ist. Dass die Wiederöffnung von Oper und Schauspiel sich um mindestens ein Jahr verschiebt, ist blamabel und entlarvt die politischen Kontrollverfahren als wirkungslos. Und es kostet viel Geld. 20 Mio. Euro mehr hat die Verwaltung schon mal beantragt, dazu ein, vielleicht auch zwei Jahre für das Schauspiel in Mülheim und die Oper im Staatenhaus. Natürlich hätte der Zeitdruck, die Priorisierung der Spielstätten von Oper und Schauspiel sowie der späte Eröffnungstermin im November stutzig machen können. Wie sich die Kölner Lokalpolitik allerdings derzeit in eine „brutalstmögliche Aufklärung“ stürzt – um mal Roland Koch (früher Politik, danach Bilfinger, dann Rentner) zu zitieren – ist allzu selbstgerecht. Dass Kulturdezernentin Susanne Laugwitz-Aulbach und Baudezernent Franz-Josef Höing öffentlich ihre Verantwortung eingeräumt haben, reicht offenbar nicht. Die Parteien wollen Schuldeingeständnisse, es ist schließlich Wahlkampf. Das ausersehene Opfer ist die Kulturdezernentin, die gerade rücktrittsreif geschossen wird. Dass die Politik eine in der Gemeindeordnung vorgeschriebene Kontrollpflicht gegenüber der Verwaltung hat, deren Chef wiederum der Oberbürgermeister ist, will man dagegen nicht so genau wissen.
Die Ursachen für die Verschiebung dürften eng mit der kommunalen Vergabepraxis zu tun haben. Kommunen sind gezwungen, bei Ausschreibungen dem günstigsten Bieter den Auftrag zu erteilen. Baufirmen rechnen deshalb ihre Angebote im Vorfeld herunter. Während der Bauphase werden dann mit Tricks wie Verzögerungen, Abzug von Arbeitskräften oder Erpressung höhere Forderungen durchgesetzt. Die Sanierung der Bühnen muss durch Zeitdruck und mangelnde Kontrolle in einen Strudel der Obstruktion durch die Baufirmen, ein regelrechtes Chaos geraten seien. Darauf deutet nicht nur die Entlassung des Projektsteuerers DU Diederichs im April hin. Auch der Hinweis des neuen Projektsteuerers H.W. Turadj Zarinfar im „Unterausschuss Kulturbauten“ am 11.8. auf die wiederherzustellende „Baufreiheit“ ließ sich so interpretieren, dass offenbar (vorsätzlich) mangelhaft gearbeitet worden ist. Inzwischen ermittelt die Staatsanwaltschaft auf der Baustelle wegen des Verdachts der Erpressung. Und letztlich ist auch der von der Verwaltung vorgelegte neue Elf-Punkte-Plan mit Selbstverständlichkeiten wie Mängelbeseitigung, geordnetem und planbarem Bauablauf, aktueller Kostenermittlung so zu verstehen. Wenn überhaupt jemand in die Pflicht zu nehmen wäre, dann allenfalls das Baudezernat und das Amt für Gebäudewirtschaft. Doch im Baudezernat sind 80 Stellen nicht besetzt, so dass große Bauvorhaben gar nicht mehr selbst betreut werden können. Anstatt mit dem Finger auf andere zu zeigen, sollte die Politik endlich zu einer gemeinsamen und konstruktiven Verantwortungsethik zurückkehren.
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