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Foto: Irma Flesch

Congratulations, Dirk Superstar!

20. Juni 2011

Ballspiel 06/11

Kaum hatte Dirk Nowitzki als erster deutscher Spieler und Kapitän seines Vereins Dallas Mavericks die nordamerikanische Basketballmeisterschaft gewonnen, waren in manchen Zeitungskommentaren schon Klagen darüber zu lesen, wie schwer sich die Deutschen doch damit täten, ihre Sportstars zu lieben und zu feiern. Als Beispiele dafür herhalten mussten Lothar Matthäus und Boris Becker. Ausgerechnet. Die zwei haben auf ihre je eigene Art und Weise einiges dafür getan, ihren Landsleuten die ungetrübte Verehrung für ihre in der Tat herausragenden sportlichen Leistungen so schwer wie möglich zu machen.

Ein Fehler einte beide: Sie wollten „bigger than life“ sein und den souveränen, coolen Mann von Welt geben. Wo Becker dabei im Laufe der Jahre immerhin eine gewisse Selbstironie zuwuchs, ging die Sache bei Matthäus bis heute ziemlich daneben. Zahlreiche Affären/Ehen mit immer jüngeren Frauen auf der einen Seite, einige peinliche Entgleisungen und Interviewäußerungen in astreinem Lübke-Englisch auf der anderen Seite: „We play football with our balls“, das klingt wie eine ebenso freie wie unfreiwillig komische Übersetzung von Oliver Kahns „Eier! Wir brauchen Eier!“.

Aber wie in aller Welt kommt man darauf, Nowitzki mit Becker und Matthäus zu vergleichen? Er hat bisher keinen Anlass dazu gegeben. Zwar benutzt er bei Interviews im US-Fernsehen – in unfallfreiem Englisch – die üblichen Standardformeln für Leistungsbereitschaft: „haben hart gearbeitet für den Erfolg“, Bescheidenheit: „sind ein Team / gewinnen als Team“ und Siegeswillen: „wollen das momentum nutzen“. (Ohne „momentum“ geht in der US-amerikanischen Sportsprache gar nix.) Die Interviews die er nach WM- und EM-Spielen mit der deutschen Basketballnationalmannschaft hiesigen Reportern gab, zeigten jedoch immer einen ungekünstelten und umgänglichen Sportler ohne irgendwelche Allüren. Kaum anzunehmen, dass sich daran durch den NBA-Titel irgendetwas geändert hat.

Was sich mit ziemlicher Sicherheit ändern wird, ist der Grad an medialer und öffentlicher Aufmerksamkeit, wenn Nowitzki im August nach Deutschland kommt, um mit der Nationalmannschaft die EM-Vorbereitung zu absolvieren und anschließend die EM in Litauen zu spielen. Dann ist er auch einen seiner größten Vorteile los: nie da zu sein. Die Bewunderung für ihn fiel ja nicht zuletzt deswegen so leicht, weil er weit weg seinem Job nachging und vor allem durch seine grandiosen, im Internet zu bestaunenden Leistungen auf dem Basketballfeld von sich reden machte. Aber immerhin fiel Dirk Nowitzki auch einmal auf eine Heiratsschwindlerin herein, sonst käme er wie ein etwas unheimlich wirkender Mr. Perfect daher. Ha! Da haben wir nun doch wenigstens e i n e Parallele zu Boris und Loddar, die mit ihren Begleiterinnen auch nicht immer Glück hatten.

Es bleibt Nowitzkis großes Verdienst, die Dynamik und Ästhetik dieses tollen Ballspiels wieder nachdrücklich ins Gedächtnis gerufen zu haben. Spektakuläre Dreier, Hakenwürfe, „Rückhand“-Treffer mit dem Rücken zum Korb, in der Finalserie gegen Miami auch noch Körbe mit der verletzten linken Hand – über mangelnden Unterhaltungswert kann man sich wahrlich nicht beklagen. (Da wird man ein wenig sentimental und denkt an die 80er Jahre zurück, an einen Verein namens BSC Saturn und seine packenden Bundesliga-Duelle mit Göttingen, Bayreuth und Leverkusen und die Europacupspiele, unter anderem gegen solche damaligen Schwergewichte wie Olimpia Mailand.)

Dirk Nowitzki ist ebenso zu wünschen wie zuzutrauen, dass er nicht in die bigger-than-life-Starfalle tappt. Er gehört zu jener Sorte Stars, die ein überragendes Talent für den Umgang mit ihrem jeweiligen Spielgerät besitzen und sich ansonsten nicht so furchtbar wichtig nehmen. Möge es so bleiben.

Und für alle, die etwas in ihn hineinprojizieren wollen, an die Magie der Zahlen und Daten glauben und daran, dass es keine Zufälle gibt, bitte sehr: Dirk Nowitzki wurde am 19. Juni 1978 geboren, auf den Tag genau 42 Jahre, nachdem Max Schmeling in New York Joe Louis durch K.o. besiegte. 42, das ist bekanntlich seit Douglas Adams’ „Per Anhalter durch die Galaxis“ die Zahl, welche die Antwort gibt auf die Frage „nach dem Leben, dem Universum und dem ganzen Rest“. Also, da habt ihr euren Super-Duper-Helden. Doch jetzt wird erst mal gratuliert, zur NBA-Meisterschaft und zum Geburtstag. Herzlichen Glückwunsch, Dirk Nowitzki!

Michael Hermann

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