Es gibt da aktuell diese Stimmungslage, die zwischen Trostlosigkeit und der Lust am Absurden schwankt. Lakonisch ist das neue smart. Man gibt sich nüchtern und illusionsbefreit, ein bisschen melancholisch und gern auch mal abgeklärt. Die Band Golf kann ein Lied davon singen. Und tut es: „Und weil hier alles geht, und nichts bleibt“, heißt es in „Zeit zu Zweit“, „die Zukunft dein größter Feind, los fühl dich allein“ in „Geheimnis“. Die vier Musiker Anfang 20, aus Essen stammend und heute in Köln ansässig, werden als das neue deutsche Popding namens Lässigkeit durch die Feuilletons gejagt. Endlich die deutsche Entsprechung zu österreichischen Erfolgen wie Bilderbuch oder Wanda. Nicht ganz so schlitzohrig, dafür tiefgründiger, ein bisschen weniger sexy, dafür aber mit echt jungenhaftem Charme. Natürlich gibt es Parallelen gerade zu Bilderbuch, das Spiel mit Klischees, die Popart-Reminiszenzen der Musikvideos, die demonstrative Feier der Leichtigkeit … Und wo sie nicht sind, kann man sie an den Haaren herbeiziehen: Wenn es beim größten Ohrwurm des neuen Albums der Wiener Gigolos Bilderbuch heißt: „Dann rufst du an auf meinem Handy, und dann bist du wieder Candy“, heißt es bei Golf: „ruf mich an, ruf mich an, ruf mich auf meinem iPhone an“.
Reicht das schon für die Diagnose „Generation Y“? Jene angeblich verlorenen Menschenkinder, geboren so etwa zwischen 1980 und 1999, die sich angesichts vonMultioptionsgesellschaft und grenzenlosem Leistungsdruck vor allem auf ihre eigene digitale Selbstvermarktungsfähigkeit konzentrieren – geradezu idealtypisch stiefeln Golf, die Band mit dem ungoogelbaren Namen, in ihren Turnschuhen auch durch dieses Klischee. Kleidenernste Themen in leichte Melodien und Seichtes in schwere Gewänder. Lassen die Dinge in der Schwebe, lieben Verwirrspiele und unaufgelöste Rätsel. Um Klärung gebeten, rufen sie ein altes Gespenst zu Hilfe und nennen ihre Musik „Dada Disco“. Vor ziemlich genau einhundert Jahren markierte der Kunststil Dadaismus den Bürgerschreck und erhob Zweifel und Zufall zu künstlerischen Praktiken. Und so lässt sich in dem lakonischen Auftreten der Band dann doch das kleine Fünkchen Revolte finden, das genau den Unterschied ausmacht zwischen „ganz nett zu hören“ und „irgendwie doch genial“.
Bilderbuch und Wanda spielen im März ausverkaufte Konzerte in Deutschland. Beim Konzert von Golf, wenn sie ihr erstes Album „Playa Holz“ vorstellen in der Wuppertaler Location „Utopiastadt“, wird der Hut herumgehen. Gib, was du geben willst. Ein guter Zeitpunkt, um nonchalant fußwippend sein Herz an diese vier Jungs und ihr erstes Album zu verlieren, bevor der mediale Hype sie frisst. „Und ich schau dich noch an, willst du meinen Kaugummi ha'm“ ist wohl die schönste Zeile im Song „Laterne“. Wenn das die neue Bubblegum Music ist – immer her damit.
Golf | Fr 24.3. 20 Uhr | Wuppertal – Utopiastadt | www.clownfisch.eu | Eintritt frei
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